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299, Zeitschrift der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten September 2015, www.daskonstruktiv.at, Euro 9,– | GZ 12Z039152 M | bAIK, Karlsgasse 9, 1040 Wien 299, Eigentum In der Teilung, Verteilung und Entwicklung von Grundeigentum manifestieren sich De fini tionen elementarer Beziehungen. Eigentum darf das Grundgerüst der Stadt sein, es ist aber in erster Linie ein Spiegel der Gesellschaft.

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Inhalt 8 – 14 15 – 16 17 – 20 21 – 22 23 – 24 26 – 29 Eigentum Editorial, Vorwort des Präsidiums Puntigams Kolumne, Dusls Schwerpunkt Standpunkte: Klaus Thürriedl, Peter Bauer, Bernhard Sommer und Christoph Mayrhofer, Anne Mautner Markhof Plus / Minus: Enteignung zur Schaffung leistbaren Wohnraums Walter Rosifka und Karin Sammer Der Kontrakt des Landvermessers | Grundeigentum als elementarer Parameter der Stadt Mark Gilbert Eine raumwissenschaftliche Betrachtung | Mögliche Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Eigentumsverhältnisse in ländlichen Regionen Tatjana Fischer Mein, dein, euer, unser Freiraum für alle | Öffentliches Gut und gemeinschaftliche Verantwortung Stephanie Drlik Baugruppen und Genossenschaften | Wohnen im Gemeinschaftseigentum Robert Temel Grundstücksgrenze – Eigentumsgrenze | … und was man sonst noch über die Digitale Katastralmappe und den Unterschied zwischen Besitz und Eigentum wissen sollte Dietrich Kollenprat Die Methode einer flächendeckenden Massenbewertung fehlt | Buchbesprechung „Liegenschaft und Wert“ Dietrich Kollenprat Geistiges Eigentum ist ein hohes Gut | Aber was ist tatsächlich geschützt? Heike Glettler Wie geht es der Branche? | Das Ergebnis der Mitgliederumfrage 2014 Aus dem Wettbewerb, Empfehlungen Jüngste Entscheidung, Krassnitzers Lektüren Porträt: Konrad Merz Eva Guttmann Fehlanzeige, Das nächste Heft Von oben Impressum Medieninhaber und Herausgeber Erscheinungsweise Auflage Einzelpreis Abopreis pro Jahr Redaktion, Anzeigen & Aboverwaltung Redaktionsteam Redaktionsbeirat konstruktiv 299 Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten (bAIK) 1040 Wien, Karlsgasse 9 T: 01-505 58 07-0, F: 01-505 32 11 www.daskonstruktiv.at vier Mal jährlich 14.500 Stück 9,00 Euro 24,00 Euro art: phalanx Kunst- und Kommunikationsagentur Clemens Kopetzky und Susanne Haider (Geschäftsleitung) Franziska Leeb und Marlies Marbler 1070 Wien, Neubaugasse 25 /1/11 T: 01-524 9803-0, F: 01-524 9803-4 redaktion@daskonstruktiv.at, anzeigen@ daskonstruktiv.at, abo@daskonstruktiv.at Christian Aulinger (Präsident der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten), Armin Haghirian (Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Steiermark und Kärnten), Andrea Hinterleitner-Sedlacek (Stv. Vorsitzende des Forums der Ziviltechnikerinnen), Gabriele Kaiser (Leiterin afo architekturforum oberösterreich), Rudolf Kolbe (Vizepräsident der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten und Präsident der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Oberösterreich und Salzburg), Anna Soucek (Journalistin), Hanno Vogl-Fernheim (Präsident der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Tirol und Vorarlberg) Lektorat Grafisches Basiskonzept Gestaltung Druck Schriften Abbildungen F. = Fotograf A. = Architekt Dorrit Korger Gassner Redolfi, Schlins Bohatsch und Partner, Wien ap media – Visuelle Kommunikation, Wien Ueberreuter Print GmbH, Korneuburg Gedruckt auf SoporSet Premium 120 g/m2 Vista Sans (Xavier Dupré), Arnhem (Fred Smeijers) S. 3: F. Johannes Zinner © bAIK; S. 4: F. Ingo Pertramer, Andrea Maria Dusl; S. 5: F. Johannes Zinner; S. 7 – 32: © Karl-Heinz Klopf; S. 40: © Fotalia; www.eurotops.at; S. 41: © Edition DETAIL, Birkhäuser Verlag; S. 42: © Konrad Merz; S. 43: © Andre Krammer (oben); S. 44: © MA 41 – Stadtvermessung Die Redaktion ersucht diejenigen Urheber, Rechtsnachfolger und Werknutzungsberechtigten, die nicht kontaktiert werden konnten, im Falle des fehlenden Einverständnisses zur Vervielfältigung, Veröffentlichung und Verwertung von Werkabbildungen bzw. Fotografien im Rahmen dieser Publikation um Kontaktaufnahme. Das Gestaltungskonzept dieser Zeitschrift ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der Grenzen des Urheberrechts ist unzulässig. Die Texte, Fotos, Plandarstellungen sind urheberrechtlich geschützt. Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz ist auf www.daskonstruktiv.at veröffentlicht. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben ausschließlich die Meinung des Autors/der Autorin wieder, die sich nicht mit der des Herausgebers oder der Redaktion decken muss. Für unverlangte Beiträge liegt das Risiko beim Einsender. Sinngemäße textliche Überarbeitung behält sich die Redaktion vor. Die Zeitschrift sowie alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Das Zitat auf dem Titel wurde dem Text von Mark Gilbert entnommen. 2 | 3

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Editorial Eigentum macht frei – Eigentum ist Diebstahl: Der Begriff des Eigentums oszilliert seit jeher zwischen Verklärung und ideologischer Diffamierung. „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen“, heißt es im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Während die vielen Aspekte des Eigentums mitsamt den damit zusammenhängenden ethischen, rechtlichen und steuerlichen Aspekten vor dem Hintergrund belasteter öffentlicher Haushalte heftig diskutiert werden, boomt zugleich die Share Economy. „Access Trumps Ownership“ titelte vor ein paar Jahren die britische Wochenzeitschrift „The Economist“. Zugang übertrumpft Besitz: Teilen statt haben, nutzen statt besitzen, liegt im Trend. Ein Widerspruch? Nur scheinbar, denn wer nichts hat, kann nichts teilen. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir Planerinnen und Planer haben auf vielfältigste Weise Berührungspunkte mit Eigentum – mit geistigem wie mit sachlichem. Während das geistige Eigentum weltweit nur langsam an Bedeutung gewinnt, so hat sein „handfestes“ Pendant schon lange einen hohen Stellenwert. Unsere Gesellschaft basiert darauf, dass Eigentum einen bestimmten und tatsächlichen Wert hat, der allgemeingültig ist. Dies schafft erst die Basis für Wohlstand und Sicherheit. Darauf können wir vertrauen. Es setzt aber auch gewisse Bedingungen voraus: Eigentum muss erfasst und katalogisiert sein. Andernfalls ist es eben nicht gesichert, so zeigt es uns die griechische Finanzkrise auf dramatische Weise. Kommt es einmal zum wirtschaftlichen GAU, muss spätestens dann auf Grundlegendes, die Basis, zurückgegriffen werden. Im Falle Griechenlands ist es aber nur schwer möglich, denn dort wurde kaum oder nur teilweise ein Kataster angelegt. Eigentum sichert aber nicht nur Wohlstand, es macht auch unabhängig. Ein weiteres, wertvolles Gut unserer Gesellschaft. Umso schwerer ist es für uns nachvollziehbar, dass eines der jüngsten Reformpapiere der Bundesregierung zur „Verwaltungsvereinfachung“ interdisziplinäre Gesellschaften zwi- schen Freien Berufen und Gewerbetreibenden zukünftig vorsieht und damit auch die Trennung von Planung und Ausführung infrage stellt. Nur unser derzeitiges Berufsrecht stellt sicher, dass wir uns ganz auf unsere Aufgabe der optimalen Beratung und bestmöglichen Planung für unsere Auftraggeber konzentrieren können und daher als Garanten von Qualität und Sicherheit, wie durch das Katalogisieren von Eigentum, wahrgenommen werden. Um nicht missverstanden zu werden: Ich beschwöre keine „griechische Tragödie“ herauf. Aber ist die Unabhängigkeit der Ziviltechniker/innen nicht mehr gegeben, können beim besten Willen die freiberuflichen Grundsätze nicht aufrechterhalten werden. Die für die Verbraucher so wichtige Funktion der Ziviltechniker als „technische Notare“ wäre zunichte gemacht. Unsere Gesellschaft basiert auf dem komplexen Zusammenspiel von Eigentum, Wohlstand, Sicherheit und Unabhängigkeit. Dieses durch die Aufgabe der Unabhängigkeit der Ziviltechniker/innen unter dem Deckmantel einer vermeintlichen Verwaltungsvereinfachung aufs Spiel zu setzen ist unver antwortlich. Ziviltechniker/innen sind auf mannigfaltige Weise mit dem Thema Eigentum befasst. Das reicht von der Festlegung vertrauenswürdiger Grundstücksgrenzen bis zu Fragen des Verfügunsrechts über das geistige Eigentum. Ausgehend von Raimund Abrahams These, dass die Anfänge der gebauten Welt nicht in der Urhütte, sondern in der Rute des Landvermessers zu finden seien, erklärt Mark Gilbert anhand von Städten wie London, Wien und Tokio, wie Grundeigentum zu einem elementaren Parameter der Stadt wurde. Die Geografin Tatjana Fischer beleuchtet ländliche Eigentumsverhältnisse, für die der demografische Wandel zur veritablen Herausforderung wird. Womöglich könnten auch dort Formen von Gemeinschaftseigentum, wie Robert Temel sie vorstellt, Alternativen bieten. Stephanie Drlik befasst sich mit der Nutzung freiräumlichen Gemeinschaftsguts, und dass nicht der Kaufvertrag oder der Besitz Eigentum schaffen, erläutert Dietrich Kollenprat, Vorsitzender der Bundesfachgruppe Vermessungswesen und Geoinfomation. Fremdes Ideengut als das eigene zu verkaufen ist nicht erst ein Phänomen der „Copy-and-Paste-Generation“. Die Juristin Heike Glettler erläutert, was durch das Urheberrechtsgesetz geschützt ist (weniger, als manche glauben). Jährlich lässt die Kammer den betriebswirtschaftlichen Status der Ziviltechnikerbranche erheben. Die Ergebnisse der Umfrage 2014 zum Wirtschaftsjahr 2013 liegen nun vor. Der erfreuliche Umstand, dass die Umsätze insgesamt steigen, wird getrübt durch die Tatsache, dass bei 50 Prozent der Einzelunternehmen der Umsatz unter 105.000 Euro liegt. Damit lässt sich schwer Eigentum begründen und wenig teilen. Franziska Leeb N Rudolf Kolbe Vizepräsident der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten

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Extraterrestrischer Lurch Martin Puntigam Kabarettist, Autor und MC der Science Busters Auf der Erde ist Grundeigentum möglich und begehrt, Himmelskörper hingegen werden nicht auf dem Immobilienmarkt gehandelt, den Mond dürfen Sie weder kaufen noch verkaufen, auch wenn Ihnen vertrauenswürdige Angebote im Internet etwas anderes suggerieren. Wenn Sie ein Staat sind. Als Firma oder Privatperson steht Ihnen der Grundstücksmarkt am Erdtrabanten und eigentlich im gesamten Universum offen. Zumindest falls Sie nicht Österreicher oder Österreicherin sind. Denn leider hat die heimische Regierung als eine von elf Stück insgesamt im Jahr 1979 den sogenannten Mondvertrag als Ergänzung des Weltraumvertrags unterfertigt, nach dem niemand jemals irgendeinen Himmelskörper außerhalb der Erde auch nur teilweise persönlich besitzen darf. Falls Sie die schweizer oder deutsche Staatsbürgerschaft besitzen, dann dürfen Sie auf dem Mond oder dem Mars oder jedem anderen Planeten oder Asteroiden ein Wochenendhaus kaufen und errichten mit Pool im Garten. Ihre Regierungen haben die Autogrammstunde geschwänzt. Nicht nur angesichts der spektakulären Raketenexplosionen der Firma SpaceX ist allerdings davon auszugehen, dass in nächster Zeit im Weltall eher keine rege Bautätigkeit einsetzen wird. Ganz auf außerirdischen Grundbesitz müssen Sie aber auch bei uns nicht verzichten. Denn täglich treffen die Erde aus dem Weltall bis zu 40.000 Tonnen Materie in Form von Mikrometeoriten. Das ist keine Kleinigkeit. Für uns Menschen. Für die Erde ist das nichts, die ist so schwer, dass das gar nicht weiter auffällt. Stellt sich die Frage: Warum bemerken wir davon nichts? Stellt sich die Antwort: Wir bemerken es sehr wohl, aber beachten es kaum. Ein winziger Bruchteil des Staubs, der sich jeden Tag in unseren Wohnungen, Büros etc. ablagert, stammt aus dem All, aber den wischen wir einfach weg oder lassen ihn wegwischen, je nach Einkommenslage und Geburtsort. Den hebt niemand auf und stellt ihn in die Glasvitrine, nur weil er aus dem Weltall stammt. Aber es handelt sich um Material von einem anderen Himmelskörper, das Sie gratis geliefert bekommen und ganz legal besitzen dürfen, auch wenn es der Mond- und Weltraumvertrag eigentlich verbieten. N Dusls Schwerpunkt 4 | 5 Puntigams Kolumne, Dusls Schwerpunkt

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Staatspreis Ingenieurconsulting 2015 Klaus Thürriedl Vorsitzender der Bundessektion der Ingenieurkonsulenten Täglich erfinden Ingenieurinnen und Ingenieure Neues, das uns weiterbringt. Wie können wir uns unser Leben ohne sie vorstellen? Kein Strom aus der Steckdose, kein Trinkwasser aus der Leitung, kein Internet, kein Bier, Fortbewegung zu Fuß! Wir denken fast nie daran, was Ingenieur/innen alles leisten. Ich bin überzeugt, dass es letztendlich die Techniker/innen sein werden, die die Zukunft unseres Planeten in ihren Händen und Gehirnen haben werden. Nein, das ist nicht zu dick aufgetragen! Die Öffentlichkeit nimmt kaum Notiz von unseren täglichen Anstrengungen, das Werkel in Gang zu halten und nach neuen Wegen Ausschau zu halten. Warum? Weil die Ingenieur/innen weniger geschickt sind im Umgang mit den Medien, weniger Zeit haben dafür, mehr nachdenken darüber, wie man dieses oder jenes besser machen könnte. Effizienter, 150 Jahre Ringstraße, 150 Jahre Wettbewerb Im Wien Museum findet derzeit eine Ausstellung über die Ringstraße statt. Für dieses Großprojekt wurde der erste internationale städtebauliche Wettbewerb der Moderne veranstaltet. 157 Jahre später herrscht scheinbare Alternativlosigkeit im Umgang mit dem öffentlichen Eigentum (oder dessen Ausverkauf) und es hat eine krampfhafte Suche nach immer exotischeren Vergabearten um sich gegriffen. Der offene Wettbewerb wird rar – und das, obwohl er eine Erfolgsgeschichte ist. Gerade auch dort, wo vollkommen unbekannte, junge Architekten überraschend Siege errangen, wie z. B. Meinhard von Gerkan. Ein Architekt, der nie zuvor etwas gebaut hatte, gewann und realisierte den Flughafen Berlin Tegel, der noch heute in der Fachwelt als einer der besten geschätzt wird. Nur der offene Wettbewerb gewährleistet den freien und transparenten Austausch von Ideen. Bei der Vergabe von Planungsaufträgen sind Fairness, Transparenz und „Chancen-Vielheit“ Grundbedingungen für ein Gelingen. Anpassungsbedarf gibt es bei der Berücksichtigung von Bürgerbeteiligungsmöglichkeiten und bei den dynamischen Qualitäten gefundener Lösungen. Aber das ist kein Widerspruch zum anonymen, offenen Wettbewerb. Woher also dieser Krampf? Wir können nur vermuten, dass falsche Vorstellungen über die vermeintlich wirtschaftliche Entwicklung von Bauprojekten durch fachfremde Beratung zu diesen seltsamen Blüten führen, denen wir bei so manchen Auslobungen gegenüberstehen. Heute ist Wien stolz auf die Ergebnisse des ersten Wettbewerbs. Mut zum Außergewöhnlichen lohnt sich also! N Auf zum Wesentlichen! – Das neue Normengesetz Anne Mautner Markhof Stellvertretende Vorsitzende der Bundessektion Architekten Der technische Fortschritt hält uns am Puls der Zeit und bringt allseits begehrte und erhoffte Verbesserungen mit sich. So erwarte ich es mir jedenfalls. Aber er bietet uns nur vermeintlich mehr Möglichkeiten: Weltweit werden ständig neue und bessere Produkte und Materialien auf den Markt geworfen. Aber anstatt uns das Leben zu erleichtern, scheinen sie vieles zu verkom plizieren, was uns wiederum mehr einschränkt: Denn dann kommt begleitend zu jeder technischen Neuerung auch ein weiteres Regelwerk hinzu. Und dessen Erläuterungen. Und die „häufig gestellten Fragen“ zu den Erläuterungen. So ist es mir erst unlängst ergangen. Was dabei aber auf der Strecke bleibt, sind Klarheit und Sinnhaftigkeit. Anstatt der erhofften Erleichte- energieeffizienter. Und nicht so viel darüber nachdenken, wie sie besser ankommen bei den Leuten. Sie stellen ihr Licht viel zu oft unter den Scheffel. Ich glaube, diese Redewendung gibt es wegen der Ingenieur/innen. Ingenieur/innen haben es sogar möglich gemacht, dass es Webinars (Seminare über das Internet) gibt. Leider nicht in eigener Sache. Schon wieder gedient und nicht geerntet! Heuer wurde wieder der Staatspreis Ingenieurconsulting ausgelobt. Da werden die Lichter sichtbar! Die ACA (Austrian Consultants Association) und das Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft wollen damit hervorragende Ingenieurleistungen prämieren, wollen Ingenius sichtbar machen. Bei der Preisverleihung am 20. November werden die Herausragendsten vor den Vorhang geholt. N Peter Bauer (links) Präsident der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien|NÖ|Bgl Bernhard Sommer (Mitte) Vizepräsident der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien|NÖ|Bgl Christoph Mayrhofer (rechts) Sektionsvorsitzender Architekten der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulten für Wien|NÖ|Bgl rung bekommt man eine Verdichtung von Komplexität serviert. Genau dies zeichnete sich auch in der österreichischen Normung ab. Wie eine sinnvolle Neugestaltung des Normenwesens aussehen könnte, hat die Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten durch Vorlage eines eigenen Gesetzesentwurfs demonstriert. Kurz da - rauf hat auch das Wirtschaftsministerium einen Gesetzesentwurf zur Begutachtung versandt, der die Probleme entschlossen angeht. Es wird endlich das Ruder in die richtige Richtung gelenkt, und es bleibt zu hoffen, dass sich diese Ambitionen nicht nur auf Österreich beschränken, sondern europa- und weltweit als Vorbild herangezogen werden. Damit der Fortschritt auch wieder tatsächlich zu dem wird, was er verspricht: eine Errungenschaft. Standpunkte

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Enteignung zur Schaffung leistbaren Wohnraums Vor einigen Monaten trat der Wiener Planungssprecher Christoph Chorherr dafür ein, durchaus Zwangsmaßnahmen zu ergreifen, um trotz der steigenden Grundstückspreise und der knappen Baugründe weiterhin sozialen Wohnbau sicherstellen zu können. Als Ultima Ratio, so Chorherr, könne das bis zur Enteignung gehen. Besonders problematisch für Wien mit einem hohen Bedarf an gefördertem und leistbarem neuem Wohnraum sind derzeit Liegenschaftseigentümer, die als Bauland gewid mete, unbebaute Grundstücke horten, sie weder bebauen, noch zu angemessenen Preisen an Bauträger verkaufen. Hier sollte man durchaus auch mit Enteignungen vorgehen. Der Begriff „Enteignung“ weckt zunächst negative Assoziationen, weil er die Wegnahme von Eigentum und staatlichen Eingriff suggeriert. Dass Eigentümer jedoch andererseits durch staatliches Handeln (oft auf Kosten der Allgemeinheit) auch von enormen Wertsteigerungen ihrer Liegenschaften profitieren können, ohne selbst irgendeine Leistung dazu erbracht zu haben, wird dann aber doch übersehen. Solche politischen Planungsentscheidungen wären etwa die Umwidmung von Brach- in Bauland, die Schaffung von Infrastruktur oder restriktive Widmungen in der Nachbarschaft. Basis einer möglichen Enteignung ist die besondere Sozialpflichtigkeit des Eigentums an Grund und Boden, wie sie etwa in der Verfassung des Freistaats Bayern (Artikel 161) betont wird: „Steigerungen des Bodenwertes, die ohne besonderen Arbeits- oder Kapitalaufwand des Eigentümers entstehen, sind für die Allgemeinheit nutzbar zu machen.“ Wenn dieser trotz eines angemessenen Angebots nicht bereit ist, zu veräußern oder Rechte einzuräumen, wird er enteignet, wenn ein öffentliches Interesse besteht. Dies steht völlig im Einklang mit dem Artikel 1 des 1. Zusatz - pro tokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention. So sieht etwa § 38 der Wiener Bauordnung in Abs. 3 die Zulässigkeit von Enteignungen für einige Zwecke ausdrücklich vor; z. B. „zur Herstellung von Verkehrsflächen“ und „zur bauordnungsgemäßen Bebauung von Liegenschaften“. Diese Grundlage scheint mir noch besser geeignet als das von Chorherr genannte Bodenbeschaffungsgesetz, das 1974 als Bundesgesetz in Kraft trat, aber noch nie konkret angewendet wurde. Enteignungen aus öffentlichem Interesse sind sowohl rechtlich möglich als auch gesellschaftlich anerkannt. Es bedarf nur des gesellschaftlichen Konsenses, dass uns die Versorgung mit leistbarem Wohnraum ein mindestens genauso wichtiges Interesse ist wie etwa der Bau von Straßen. Walter Rosifka, Wohnrechtsexperte, AK Wien N Mit dem Anstieg der Grundstückskosten haben gemeinnützige und gewerbliche Bauträger zunehmend ihre liebe Not. Da wird schnell der Ruf nach Enteignung laut. Was auf den ersten Blick für einige gut klingen mag, erweist sich letztlich als unpraktikabel, verfassungsrechtlich fragwürdig und bringt vor allem bei näherer Betrachtung nichts. Der Schutz des Eigentums ist ein verfassungsrechtliches Grundrecht. Eine Enteignung ist daher nur unter höchst eingeschränk - ten Bedingungen zulässig, insbesondere nur dann, wenn ein spezifisches öffentliches Interesse am Objekt der Enteignung vorliegt und es unmöglich ist, den auf das öffentliche Interesse bezogenen Bedarf anders als durch die Übertragung des Enteignungsobjekts zu decken. Eine Enteignung des Eigentums wird nur dann gerechtfertigt sein, wenn ein öffentliches Interesse vorliegt, etwa für die Herstellung von Verkehrsflächen, öffentliche Aufschließungsleitungen oder Bauvorhaben für öffentliche Zwecke. Es ist höchst fraglich, ob dieser Bedarf für die Enteignung einer konkreten Liegenschaft nachgewiesen werden kann und überdies auch jede andere Möglichkeit für die Errichtung eines Mietwohnungshauses ausscheidet. Dies umso mehr, als die Kommunen nach wie vor über beträchtliche Grundstücksreserven verfügen – die Stadt Wien etwa, wie es seitens des Wohnbaustadtrats heißt , konkret über rund 2,2 Millionen m² Fläche, welche für den geförderten Wohnbau bereitgestellt werden könnten. Zu diesem Zweck wurde auch Mitte der 1980er-Jahre das Instrument der kommunalen Flächenbevorratung in Form des Wiener Bodenbereitstellungs- und Stadterneuerungsfonds ins Leben gerufen, der Flächen für den sozialen Wohnbau kauft, deren Entwicklung zu Bauland betreut und die Flächen weiterverkauft. Überdies können Enteignungen nur gegen Entschädigung erfolgen. Dabei ist der Enteignete hinsichtlich der Entschädigung so zu stellen, dass er durch die Enteignung keinen Vermögensnachteil erleidet. Zumal die Öffentlichkeit damit letztlich ja doch wieder den angemessenen Preis entrichten müsste, stellt sich erneut die Frage, was damit gewonnen ist? Eine nachhaltige Bodenpolitik ist für die Baulandmobilisierung in der Tat von eminenter Bedeutung. Enteignungen stellen allerdings für die Verfolgung dieses Ziels definitiv kein probates Mittel dar. Karin Sammer, Österr. Verband der Immobilienwirtschaft N 6 | 7 Plus / Minus

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Eigentum Dem gebauten Lebensraum und den damit verbundenen Konditionen und Wahrnehmungen gilt das Hauptaugenmerk des Künstlers Karl-Heinz Klopf. Seit 1996 reist er mit einem Bogen schwarzer Klebefolie, Lineal und Schneidewerkzeug im Gepäck und erarbeitet mit der Fotoserie „Streets“ seine individualisierte Standortbiografie, die viel Raum für die Imagination des Betrachters lässt. Der Blick aus dem Fenster der jeweiligen temporären Unterkunft wird überlagert von an asiatische Schriftzeichen erinnernden Motive. Es handelt sich dabei um eine von japanischen Standortplänen inspirierte Darstellung der das Gebäude unmittelbar umgebenden Straßenzüge. Der Blick nach außen, so Klopf, sei stets ein wesentlicher Aspekt einer Örtlichkeit, egal ob privater Wohnsitz oder temporär in Besitz genommener Raum. Der abstrahierte Plan verstärkt die Wirkung des Fensters als Schnittstelle zwischen privatem und öffentlichem Raum und beschreibt die Lage des Ortes. Auf die Nennung der jeweiligen Städte in den Bildtiteln verzichtet Klopf. Die Straßennamen geben eine Ahnung vom kulturellen Kontext des Ortes. Abstraktion und Maßstabslosigkeit der Pläne tragen zu einer flacheren Hierarchie zwischen den Orten in Klopfs imaginärer einziger Großstadt einer globalisierten Welt bei. Karl-Heinz Klopf, geb. 1956 in Linz, studierte dort an der Hochschule für künstlerische und indus - trielle Gestaltung, lebt in Wien. Ausstellungen (Auswahl): Inhabitations, MUMOK, Wien (2015), The Andra Matin House and Other Structures, Sewon Art Space, Yogyakarta (2014), Big Blackboard: Beijing, CU Space, Peking (2010), You’re Having a Laugh, Static Gallery, Liverpool (2010), Liverpool Biennale (2010), From/To, Landesgalerie Linz (2006/07), 9. Int. Istanbul Biennale (2005), By Way of Display, Galerie Grita Insam, Wien (2003/04), Cities on the Move (1997 – 1999: Secession, Wien; PS1, New York; capc, Bordeaux; Kiasma Museum, Helsinki; Hayward Gallery, London; Louisiana Museum, Kopenhagen; Bangkok); Planen, Secession, Wien (1993). Karl-Heinz Klopf: „Jhongsiao E Road, Sinsheng Road, Jinan Road, Jian Guo Expressway“ 1999 48 × 65 cm

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Der Kontrakt des Landvermessers | Grundeigentum als elementarer Parameter der Stadt Mark Gilbert ist Architekt und Urbanist, Mitbegründer trans_city TC ZT gmbh (2009), Lehrbeauftragter an der TU Wien, seit 2012 Mitglied im Grundstücksbeirat für Wien. Der öffentliche Raum ist das frei zugängliche Land, das von der Körperschaft einer Gemeinschaft besessen und/ oder verwaltet wird. Es gibt Gemeinschaften auf verschiedensten Ebenen: Gemeinden, Staaten, Nationen oder gar übernationale Organisationen. Das wesentliche Kriterium liegt darin, dass die Gemeinschaft souverän sein und gesellschaftliche und politische Kontrolle über das betreffende Gebiet ausüben muss. In den späten 1980er-Jahren hielt Raimund Abraham an der Harvard Graduate School of Design einen Vortrag über den Ursprung der Architektur. Im Unterschied zu Laugier oder Quatremère de Quincy behauptete er, dass die Anfänge der gebauten Welt nicht in der Urhütte, sondern in der Rute des Landvermessers zu finden seien. Abrahams These stellt eine radikale Verkehrung unserer üblichen Erwartungen in Bezug darauf dar, wie und warum wir bauen. Statt daran festzuhalten, dass wir bauen, um einen Platz für uns in der Welt zu schaffen, meinte er, dass wir die Welt in Orte aufteilen, um bauen zu können. Ja, radikaler noch: Der primäre Grund dafür, dass wir bauen, liegt nicht darin, dass wir uns von den Störungen der Natur, sondern dass wir unseren Platz in der Welt vor den Störungen unserer eigenen Spezies schützen wollen. Der Rute des Landvermessers Reverenz erweisend argumentierte Abraham, dass die soziale Differenzierung des Raums das ursprüngliche Movens für das Bauen der bewohnbaren Welt sei. Ob wir uns nun Abrahams These anschließen oder nicht, sie wirft auf jeden Fall grundsätzliche Fragen über den Akt des Bauens sowie die Werte und Absichten auf, die wir damit verbinden. Vermessen teilt und differenziert den Raum. Man kann davon ausgehen, dass es erst Eigentum zu geben beginnt, wenn der Landvermesser seine Rute schwingt: Wir können nicht besitzen, bevor wir nicht definieren, was diese Sache ist. Wozu aber Eigentum definieren? Die Produktion von Eigentum hat letztlich mit den elementaren Anliegen Verteilung, Nutzungsrechte und Bewertung zu tun. Die Fragen hier sind: Wer bekommt wie viel? Wo liegt es? Wie kann man es nutzen? Und, vor allem: Wie viel ist es wert? Wir legen Wert auf Land, weil wir es brauchen, um darauf zu leben, und weil es unsere materiellen Bedürfnisse deckt. Wie wir auf diesem Land leben und wie wir diese Bedürfnisse abdecken, sind Fragen der gesellschaftlichen Organisation und kul turellen Bedeutung. Wir leben in einer kapitalistischen und urbanisierten Welt. Der Besitz und der Tausch von Privateigentum definieren, ob wir das wollen oder nicht, die Norm menschlichen Lebens, und die Mehrzahl der Menschen lebt heute in Städten, die nach kapitalistischen Regeln funktionieren. Gehen wir also der Frage nach, was eine kapitalistische Stadt ausmacht: Sie als komplexes, gesellschaft- lich-räumliches System zu begreifen, das auf der Aufteilung des städtischen Raums in Privateigentum gründet, das seinerseits materiell so erschlossen wird, dass es sich für Profit erzielende wirschaftliche Tätigkeiten eignet, erscheint eine zutreffende Definition zu sein. So betrachtet ist Grundeigentum ein elementarer – wenn nicht der wesentliche – Parameter der Stadt. Und die kapitalistische Stadt erwartet, dass das Eigentum eine Leistung erbringt. Das heißt, dass es für seinen Besitzer auf irgendeine Weise Mehrwert produzieren sollte; dieser Wert kann wirtschaftlicher, gesellschaftlicher, kultureller oder politischer Art sein. Dass wir in einer globalisierten Welt leben, ist ein ebenso verbreiteter Topos wie der, dass Städte zusehends an Individualität verlieren und einander ähnlicher werden. Vielleicht werden ihre Architektur und ihr Konsumverhalten zunehmend gleichförmiger, es entwickelt sich jedoch jede Stadt aus einem bestimmten kulturellen und historischen Kontext heraus. Gesellschaftliche Werte und kulturelle Erwartungen bleiben nachdrücklich lokale Phänomene. Diese wirken sich auf den praktischen Umgang mit Eigentum aus. In der Teilung, Verteilung und Entwicklung von Grundeigentum manifestieren sich bestimmte lokale Definitionen elementarer gesellschaftlicher Beziehungen wie des Wesens von Familie und Haushalt, Ideen von öffentlichem und privatem Leben sowie grundsätzliche Vorstellungen der Hygiene und der Körper pflege. Eigentum darf das Grundgerüst der Stadt sein, es ist aber in erster Linie ein Spiegel der Ge sellschaft. Messen, Zuteilen und der Wert städtischen Grunds Welche philosophische Bedeutung man der Arbeit des Landvermessers auch beilegen mag, das Produkt seiner Handarbeit ist beeindruckend einfach. Er misst Stücke von Land aus, die als Parzellen bezeichnet werden. Diese werden dann das Eigentum von Individuen oder Rechtspersonen 1 . Eine Parzelle ist abgegrenzt; die Eigentumsrechte erstrecken sich bis an den Rand des begrenzten Grundstücks. Die entscheidende Bestimmung jedes Grundeigentums ist die, ob man sich innerhalb oder außerhalb seiner Grenzen befindet. Diese schlichte Unterscheidung hat weitreichende Folgen. Meine Stellung im Verhältnis zur Grenze des Grundeigentums definiert die entscheidende sozioökonomische Dichotomie von Mein und Dein. Innerhalb der Grenzen meines Eigentums habe ich bestimmte Besitz- und Nutzungsrechte, die anderen verwehrt sind; außerhalb stehen mir diese Rechte nicht mehr zu. 8 | 9 299 Der Kontrakt des Landvermessers

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Karl-Heinz Klopf: „Congress, S Michigan Avenue“ 1998 71 × 50,6 cm Der Kontrakt des Landvermessers

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Das Messen und Teilen von Land bildet nicht nur den Rahmen für private Besitz- und Nutzungsrechte, sondern schafft auch die Grundlage für den öffen t- lichen Raum. Die Bereitstellung von Land für das Gemeinwohl ist selbst in kapitalistischen Städten ein elementarer Bestandteil von Urbanität. Das komplexe städtische Wechselspiel gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Tätigkeit bedarf der Interaktion – und daher Verbindung – der individuellen privaten Räume. Diese Verknüpfung ist auf einer Ebene unbestreitbar materiell: Die öffentliche Hand kümmert sich um die Verkehrskorridore, welche die einzelnen Parzellen verbinden, und stellt die für deren tägliche Aufgaben notwendige Infrastruktur bereit. Städtische Interkonnektivität umfasst jedoch mehr als nur eine Reihe physischer Verbindungen. Der öffentliche Raum ist der Ort, an dem die Stadt ihre Ideen und sozialen Werte austauscht und teilt. Gibt das private Grundstück vor, was Mein und was Dein ist, verkörpert der öffentliche Raum, was Unser ist. Der öffentliche Raum ist die Sphäre, in der sich die Gesellschaft als Kollektiv zum Ausdruck bringt und die Verantwortung ar tikuliert, die jeder Einzelne für die Bildung und Aufrechterhaltung der Gemeinschaft mit den anderen teilt. Der Grundsatz geteilter Verantwortung beeinflusst die Nutzung des Privateigentums. Ich habe nicht nur Nutzungsrechte, sondern bin auch dafür verantwortlich, sicherzustellen, dass das, was ich auf meinem Land tue, meine Nachbarn oder die Gemeinschaft insgesamt nicht nachteilig berührt. Diesem Grundsatz entsprechend regeln Städte nicht nur die Art der Nutzung von Privateigentum, sondern auch was und wie viel auf jedem Grundstück gebaut werden darf. Was dann wirklich gebaut wird, entscheiden die Kräfte des Markts, kulturelle Erwartungen sowie das gesellschaftliche Ansehen, die sich aus der Nutzung von Land ableiten lassen. Diesen Imperativen der privaten Wertmaximierung stehen verschiedenartige Einschränkungen wie Regelungen der Flächennutzung, Vorschriften für Gebäudehöhen oder Mindeststandards für Bauweise und Hygiene entgegen, welche die Gemeinschaft für die Nutzung individuellen Eigentums trifft. Bauen in der Stadt gestaltet sich also als dialektischer Prozess zwischen individuellen Wünschen und kollektiver Begrenzung. Diese Begrenzungen haben verschiedenste Formen. Sie können normativ, also in Gesetze gegos - sen, oder konventioneller Art sein, also auf gesellschaftlichen Erwartungen und Gruppendruck beruhen. Die Art, in der eine städtische Gesellschaft die Nutzung von Privateigentum regelt, spiegelt den Wert wider, den sie individuellen Interessen einerseits und kollektiven Interessen andererseits beimisst, und prägt die Erwartungen der Stakeholder im Hinblick darauf, was das betreffende Eigentum angemessenerweise leisten sollte. Eine Karl-Heinz Klopf: „Rue Sarrette, Rue Prisse d’Avennes, Avenue de Général Leclerc, Rue Leneveux, Rue Alphonse Daudet, Rue Marié-Davy“ 2007 61 × 90 cm 10 | 11 299 Der Kontrakt des Landvermessers

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Stadt ist in diesem Sinn ein räumlich artikulierter Text, in dem kulturelle Auffassungen über Privatheit, Eigentum, individuelle Rechte und kollektive Interessen zum Ausdruck kommen – und der davon erzählt, wie sich diese Auffassungen mit der Entwicklung der Stadt im Lauf der Zeit herausgebildet haben. Wenn die Stadt ein in der Sprache des Eigentums geschriebener Text ist, wie können wir diesen Text dann lesen? Man könnte damit beginnen, sich zu überlegen, wie private Haushalte Grundstücke besetzen und nutzen. Das wirft Licht auf grund sätzliche und idealisierte Vorstellungen des Öffentlichen und Privaten. Die nächste Frage wäre, wie diese Grundstücke miteinander und mit dem öffentlichen Raum interagieren. Die Art der Organisation der Grundstücke im Schließlich könnten wir uns auch städtischen Raum spiegelt Vorstellungen sozialer Angemessenheit und der idealisierten fragen, wie Beschränkungen Nähe von Haushalten wider. Nutzung die fortlaufende (Neu)- Erschließung von Städten beeinflussen. Das Zusammenspiel gesellschaftlich-rechtlicher Regulierung und gebauter Form macht eine vergleichende Bewertung privater und gemeinschaftlicher Interessen in aller Deutlichkeit lesbar. Privatheit, Umzäunung und ideale Behausung Man kann wohl davon ausgehen, dass jede Kultur bestimmte, oft eigentümliche Idealformen des Wohnens aufweist. Es mag eine oder mehrere Idealtypen geben, wobei jeder eine bestimmte Gesellschaftsschicht ansprechen kann. Ein Typus entwickelt sich aus der Art, in der die betreffende Kultur soziale Beziehungen verräumlicht. Das Verständnis von Privatheit prägt die Form typischer Wohneinheiten maßgeblich. Man denke an die Unterschiede zwischen japanischen und amerikanischen Modellen des Heims. In den usa hat z. B. „ein eigener Raum“ einen hohen gesellschaftlichen Wert. Die Wände des amerikanischen Heims sollen solide sein, und es soll eine Tür geben, die man schließen kann, wenn man will. Dieses Prinzip gilt auch für Häuser. Wände definieren ein Abschließen: Türen und Fenster sind Öffnungen, die je nach Wahl Licht einlassen oder den Blick nach draußen freigeben. Im Gegensatz dazu scheint persönliche und häusliche Privatheit in Japan eher ein seelischer Zustand als eine materielle Zuflucht zu sein. In der traditionellen häuslichen Architektur gab es so gut wie keine Räume und schon gar nicht einen Raum, den man nur für sich hatte. Aufgrund ihrer verschiebbaren Sho – ji-Wände aus Reispapier waren japanische Innenräume offen und veränderbar. Da es keine bleibenden Wände gab, übernahm die Bodenoberfläche die Aufgabe, Raum abzugrenzen: Versorgungsbereiche mit Böden aus gestampfter Erde, Holzveranden zur Zirkulation, mit Stroh gefüllte Tatamis zum Sitzen und Schlafen. Das Äußere des Hauses funktionierte ganz ähnlich. Plattform und Dächer gaben die Architektur vor; die Fassaden hatten, wenn überhaupt, nur wenige starre Teilungen. Die Form des Hauses bestimmt die Grenzverhältnisse seines Grundstücks. In der klassischen Vorstadt der Vereinigten Staaten beginnt die Privatsphäre an den festen Wänden des Hauses. Das Grundstück muss in seinen Grenzen überhaupt nicht eingezäunt werden. In vielen Regionen gilt es als schlechtes Benehmen, das Grundstück abzutrennen; um den Rasen zu mähen, muss man nur wissen, wo der eigene aufhört und der des Nachbarn beginnt. In Japan hingegen verlangten offene Fassaden nach einem Respektabstand zum Rand des Grundstücks. Die Samurai, deren Villen der Oberschicht als ideale Form des Hauses galten, konnten es sich leisten, sich mit Holzpalisaden oder Steinmauern zu umgeben, während gesellschaftlich weniger hochstehende Haushalte mit einem winzigen Gartenstück auskommen mussten, um sich von den Nachbarn abzugrenzen. Ein wesentlicher Grund für die Andersartigkeit japanischer und amerikanischer Städte liegt offensichtlich darin, dass unterschiedliche Diagramme ihrer charakteristischen Häuser unterschiedliche Formen der Abgrenzung hervorbringen. Eigentum, Angemessenheit und urbane Morphologie Aus der Formulierung von Grenzen ergeben sich Regeln für die Aneinanderreihung von Grundstücken und dadurch bestimmte räumliche Beziehungen zwischen Nachbarn sowie zwischen Privatsphäre und Öffentlichkeit. Wie man Häuser nahe zusammen anordnen und dennoch Privatheit wahren kann, gehört zu den Hauptproblemen der Stadtplanung, und lokale Vorstellungen von angemessener Entfernung und Abtrennung bestimmen, was der Markt verlangt und die regulative Instanz erlaubt. Die Vorstellung davon, wie ein Haus auf die Parzelle passen soll, bildet das grundlegende Muster für den Städtebau. Ein zentraler Parameter für Eigentum ist die Anzahl der Haushalte, die auf einem Grundstück Platz finden können. In diesem Fall ist die entscheidende Dichotomie die zwischen einem und vielen. Wenn mehr als eine häusliche oder wirtschaftliche Einheit auf einem Grundstück liegt und es benutzt, muss dieses innerlich geteilt und mit einem Satz von Regeln ausgestattet werden, die festlegen, wer welche Teile des Grundstücks betreten und wie nutzen darf. Die unterschiedlichen Arten der Formulierung dieser Regeln bringen eine mannigfaltige Reihe innerer Raummuster für verschiedene Grundstücksarten hervor. Diese Muster beeinflussen die Größe des Grundstücks und geben dessen Beziehung zu seinen Nachbarn vor. Der Kontrakt des Landvermessers

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Karl-Heinz Klopf: „Shinobazu-Dori Avenue“ 2013 60,5 × 81 cm Das allem Anschein nach so einfache englische System des Wohnens weist zahlreiche kulturelle Dissonanzen auf. Zuerst einmal besaßen die Angehörigen der Mittelklasse, obgleich sie sich über ihre Kontrolle von Kapital definierten und den Besitz eines eigenen Hauses idealisierten, nur selten das Haus, in dem sie wohnten, bzw. das Grundstück, auf dem es stand. Das Land war im Besitz größerer und kleinerer adeliger Anwesen. Diese Anwesen ließen ihre Besitzungen vermessen, verpachteten die Parzellen an gut mit Kapital ausgestattete Bauunternehmer, welche die Häuser bauten und sie an ihre Mittelklassekunden vermieteten. Siehe z. B. Thorold, Peter: The London Rich: The Cre a­ tion of a Great City, from 1666 to the Present, London: Penguin Books 1999. Die zweite Diskrepanz liegt in dem Umstand, dass es sich Familien nur selten leisten konnten, ein London und Wien bieten sich für einen erhellenden Vergleich an. Ein Gutteil des heutigen städtischen Gefüges der beiden Städte, die 1914 zu den größten und wichtigsten der Welt zählten, entstand in den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg. Die in dieser Epoche entwickelten Gebäudetypen haben die konventionellen Vorstellungen von Wohnen und Nutzung des Eigentums in beiden Städten bis heute in mannigfaltiger Weise geprägt. Das englische Reihenhaus war und ist ein entschieden städtischer Wohnbau, dessen Anlage dem Wertesystem der englischen Mittelklasse des 19. Jahrhunderts entspricht. Das häusliche Ideal der Familie verlangte die Trennung von Wohnund Arbeitsstätte, und die Idee, dass des Menschen Heim „seine Burg“ sei, hieß, dass eine richtige Familie auf ihrem eigenen Grundstück unter einem Dach lebte. 2 Die Reihenhauszeile, deren kleine Einzelgrundstücke über entlang eines Netzwerks von Straßen und Plätzen liegende Vorgärten zugänglich sind, wurde zum kulturellen Standard für achtbares Wohnen. Diese Form wurde, in Größe und Ausstattung reduziert, auch zum anerkannten Modell der Arbeiterklasse. Im Einklang mit den Klassenprinzipien der englischen Gesellschaft legte die Regierung per Gesetz vier getrennte Klassen von Häusern fest, sodass sich die Stellung einer Person in der Gesellschaft allein daraus erschloss, wo sie wohnte und welche Art von Häusern es an dieser Adresse gab. 3 Die Wiener Wohnverhältnisse schockierten die englischen Gemüter des 19. Jahrhunderts. Der Umstand, dass Familien unterschiedlicher sozialer Stände nur von Boden und Decke getrennt, übereinandergestapelt leben konnten und das auch taten, widersprach allem, wofür ihr Sinn häuslicher Schicklichkeit stand. Im Gegensatz zum konventionellen Londoner Haus verkörperte die Wiener Bautypologie weder eine besonders städtische noch eine neue, moderne Form des Wohnens. Indem sie mehrere Wohnungen über einen Hof bzw. ein Stiegenhaus verband, leitete sich die Wiener Morphologie von ländlichen Formen ab, wie sie in den Dörfern am Stadtrand heimisch waren. 4 Diese wiesen zahlreiche typologische und soziale Entsprechungen mit ihren gehobeneren Verwandten, den Palästen des Adels, auf. Beide verkörperten eine vormoderne, patriarchale gesellschaftliche Hierarchie, innerhalb derer Diener, Gefolgsleute und Mieter mit ihrem Herrn unter dem verwinkelten Dach seines zahlreiche Räume umfassenden Hauses lebten. 5 Im Vergleich zu den Bewohnern Londons legten die Wiener auf die ausschließliche Besetzung eines Grundstücks weniger Wert. Es bedeutete für eine „angesehene Familie“ kaum eine Schande, mit anderen Haushalten unter einem Dach zu leben. Das Wiener Mietshaus – ob nun bürgerliches Stadthaus oder Bassenahaus der Arbeiterklasse – bündelt eine 12 | 13 299 Der Kontrakt des Landvermessers

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Karl-Heinz Klopf: „Mc Donnell Road, Garden Road, Cotton Tree Drive“ 2002 53,3 × 80 cm Haus allein zu bewohnen. Tatsächlich stellte sich die Frage des Untervermietens, sobald das Reihenhaus zur üblichen Form des Hauses in London geworden war. Die Anwesenheit eines Untermieters im gepflegten Mittelklassehaus war ein Mangel im System, der oft sozial oder emotional unterdrückt wurde. Sharon Marcus meint sogar, dass das literarische Genre des Spukhauses eine kulturelle Methode darstellte, um die gesellschaftlichen Unstimmigkeiten zu verarbeiten, die sich durch die Anwesenheit solcher unerwünschter und unschicklicher Geister in den sonst respektablen Heimen ergaben. Siehe Marcus, Sharon: Apartment Stories: City and Home in Nineteenth­Century Paris and London, Berkeley: University of California Press 1999, S. 83 – 134. Siehe Muthesius, Stefan: Das englische Reihenhaus: Die Ent­ Anzahl von Wohnungen an einem Ort, mit einem gemeinsamen Stiegenhaus und Höfen für Belichtung und Belüftung der hinteren Räume. Eigentum und Zweckmäßigkeit: Der wirtschaftliche und soziale Nutzen von Land Kulturelle Ideale von Privatheit und Angemessenheit bringen bestimmte Wohndiagramme und morphologische Regeln für die Einbindung von Wohnungen in Grundstücke hervor. Der Entwicklungsdruck in kapitalistischen Städten verlangt jedoch nach einer immer größeren Nutzungsdichte für fast alle Grundstücke. Hier prallen Pri vateigentumsinteressen mit dem Wohlergehen und der Sicherheit von Mietern, Nachbarn und Gemeinschaft insgesamt aufeinander. Die Stadt verlangt eine Maximierung des Nutzens, was unter kapitalistischen Verhältnissen eine Optimierung des Tauschwerts von Eigentum an sich bedeutet. Doch selbst im Kapitalismus bleibt die Wahrnehmung des optimierten Tauschwerts eine Frage der Kultur und des Üblichen. Marx zufolge hat der Wert zwei Seiten. Die eine ist der qualitativ bestimmte Gebrauchswert der Ware, die andere deren Wertform, welche die mit der Produktion der Ware verknüpften gesellschaftlichen Beziehungen ihrem Tauschwert in der wirklichen Welt unterwirft. Dies ist ein komplexer Prozess der Bewertung, der in Wechselbeziehung mit dem relativen sozialen Ansehen erfolgt, das Produktion, Besitz und Nutzung der Ware bestimmt. Da Eigentum die zentrale Ware der kapitalistischen Stadt ist, prägt die besondere Weise, in der jede Stadt das Idealverhältnis zwischen Gebrauchswert und Wertform städtischen Eigentums definiert, maßgeblich das bauliche Erscheinungsbild. Betrachten wir den Raster Manhattans als Instrument zur Maximierung des Gebrauchswerts zur Ware gewordener häuslicher Formen. Der Commissioners’ Plan von 1811 parzellierte die Insel fast über ihre gesamte Länge hin in identische, 25 mal 100 Fuß (7,62 mal 30,48 Meter) große Grundstücke. Die damalige Idealform des Hauses war ein Einfamilienreihenhaus, das den zu jener Zeit in London gebauten ähnlich war. 6 Die von den Commissioners gewählte Grundstückgröße eignete sich ideal für solche Reihenhäuser, und die Verantwortlichen entschieden sich bewusst für rechteckige Parzellen, um den Verkauf der Grundstücke und den Bau solcher Häuser zu erleichtern. Auf den öffentlichen Bereich wurde nicht vergessen. Man Der Kontrakt des Landvermessers

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wicklung einer modernen Wohnform, Königstein im Taunus: Karl Robert Langewiesche Nachfolger Hans Köster 1990, sowie McKellar, Elizabeth: The birth of modern London: The development and design of the city 1660 – 1720, Manchester und New York: Manchester University Press 1999. Siehe etwa Klaar, Adalbert: Die Siedlungsformen Wiens, Wien und Hamburg: Zsolnay 1971. Barea, Ilsa: Vienna: Legend and Reality, London: Pimlico 1992, S. 37 – 57. Siehe etwa Blackmar, Elizabeth: Manhattan For Rent, 1785 – 1850, Ithaca und London: Cornell University Press 1989. Zu diesem Thema liegen zahlreiche Quellen vor. Die einfachste und zugleich umfassendste Darstellung stammt von Richard Plunz. Siehe Plunz, Richard: A History of Housing in New York: Dwelling Type and Social Change in the American Metropolis, New York: Columbia University Press 1990. Siehe, z. B.: Totman, Conrad: Early Modern Japan, Berkley, Los Angeles and London: Univ. California Press 1993, S. 101 – 139. Siehe Naito, Akira: Edo, the City that Became Tokyo, Tokio: Kodansha International 2003. Sand, Jordan: House and Home in Modern Japan, Cambridge and London: Harvard University Press 2003, S. 162 – 202. plante breite Straßen und dachte an Parks, Märkte und ein Aquädukt. Wenn der Plan auch den städtischen Raum radikal zur Ware machte, wird seine atmosphärische Qualität jedem Besucher Chelseas oder der Upper West Side unmittelbar augenfällig. Mit dem Wachstum Manhattans machte der Bevölkerungsdruck Einfamilienhäuser allerdings zusehends unerschwinglich. Anstelle von Reihenhäusern wurden dem Grundsatz der Wertmaximierung zufolge auf den 25 mal 100 Fuß großen Parzellen Wohnhäuser für mehrere Familien errichtet. Die Verdichtung der schmalen Liegenschaften konnte aber nur in die Tiefe erfolgen; somit entstanden sogenannte Railroad Flats, in ihrer Anlage Eisenbahnwaggons gleichende Wohnungen, die nach innen hin keine Fenster hatten und hygienisch eine völlige Katastrophe waren. Darauf reagierend erließ die Stadt eine Reihe von Bauordnungen, die regelten, wie die Grundstücke im Grundriss verbaut werden konnten. Die Vorschriften garantierten Licht und Luft für alle Räume und schufen einen funktionierenden Ausgleich zwischen wirtschaftlicher Optimierung und Bedürfnissen der Mieter. Als der elektrische Fahrstuhl später die vertikale Ausnutzung der Räume beflügelte, reagierte die Stadt darauf mit dem Zoning Law von 1916 und seinen bekannten Rückstufungsvorschriften, welche auch die Nutzung des Grundeigentums im Schnitt festschrieb. 7 Das Manhattan von heute lässt sich als gebauter Ausdruck des Rüstungswettlaufs zwischen Maximierung privatwirtschaftlicher Werte und kommunalen Strategien beschreiben, welche die Nutzung des Eigentums im Dienst des Allgemeinwohls regeln. In den Yamanote-Gebieten Tokios stechen einem sofort die äußerst schlanken, überall anzutreffenden Räume zwischen den modernen Gebäuden ins Auge. Diese 60 bis 90 cm breiten Abstände helfen weder bei Erdbeben (ganz im Gegenteil sogar), noch verbessern sie die Luftzirkulation und tragen nur wenig dazu bei, die Ausbreitung von Bränden zu verhindern. Obgleich wir erwarten, dass die Nut - zung städtischen Eigentums Strategien der Wert- maximierung folgt, kann man sich in diesem Fall schwer vorstellen, wie diese Räume privaten Interessen beziehungsweise dem Allgemeinwohl dienen können. Hier geht es um etwas anderes. In der vorindustriellen Gesellschaft in den Jahren vor der Meiji-Restauration gehörte in Tokio (damals Edo) praktisch das gesamte Grundeigentum der Bakufu-Regierung des Sho – gunats. 8 Es gab keinen Immobilienmarkt, wie wir ihn kennen; das Land wurde den Adeligen und ihren Gefolgsleuten per Dekret zugewiesen. Größe und Lage des Eigentums spiegelten die Stellung des dort Wohnenden wider, und die Form des Hauses sowie Begrenzung des Grundstücks waren streng geregelt, um dieser Stellung zu entsprechen. 9 Auch wenn es im modernen Japan einen Immobilienmarkt gibt, ist die Bewertung des Eigentums in verschiedener Hinsicht in den kul turellen Praktiken des Sho – gunats verwurzelt geblieben. Als sich die Samuraikaste zur Mittelklasse entwickelte, hielt sie an alten Ansichten über die Angemessenheit von Hausformen und Grundstücksgrenzen fest. 10 Wie wir bereits gesehen haben, hält ein richtiges Haus einen Respektabstand zu den Grenzen seines Grundstücks und der geis tige Mehrwert anständiger Bebauung und kultivierter Benutzung ist meist kostbarer als die potenzielle ökonomische Wertmaximierung durch die volle Ausnutzung des Grundstücks. Die Räume zwischen den Gebäuden in den Yamanote-Bezirken verkörpern im Vergleich zu Manhattan ein radikal anderes Verständnis der Wertform und daher der kulturellen Erwartungen im Hinblick auf die optimale Leistung von Eigentum. Coda Eigentum ist eine kulturell kodierte Ware. Wenn Abraham recht hatte und die Produktion von Eigentum der entscheidende Katalysator für die Entstehung der gebauten Welt war, haben sich un terschiedliche Gesellschaften radikal unterschied licher Wertsysteme bedient, um Grundeigentum zu bewohnbarem Raum zu machen. Diese Unterschiede haben das faszinierendste kulturelle Artefakt der Menschheit hervorgebracht: die Stadt. N 14 | 15 299 Der Kontrakt des Landvermessers

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Eine raumwissenschaftliche Betrachtung | Mögliche Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Eigentumsverhältnisse in ländlichen Regionen Die Langfristigkeit der strukturellen Veränderungen im Altersaufbau der Bevölkerung zwingt dazu, bereits heute über die (möglichen) Konsequenzen für die gebaute Umwelt nachzudenken. Die Fülle an raumbezogenen Wechselwirkungen und die Komplexität an (externen) Einflussfaktoren machen Prognosen zum Wandel der Eigentumsverhältnisse gerade in ländlichen Regionen zur Herausforderung. Tatjana Fischer ist Geografin und Senior Scientist am Institut für Raumplanung und Ländliche Neuordnung an der Universität für Bodenkultur Wien. Sie beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der Sicherung der Lebensqualität in ländlichen Räumen vor dem Hintergrund des demografischen und sozialen Wandels. Warum ist der demografische Wandel in ländlichen Regionen Thema? Überall dort, wo sinkende Geburtenraten und der Verlust junger Bevölkerung durch Abwanderung in einen – auch aufgrund der steigenden Lebenserwartung – wachsenden Anteil an älteren Personen gemessen an der Gesamtbevölkerung münden, altert und schrumpft die Bevölkerung mittel- bis langfristig, sofern sich keine Trendumkehr einleiten lässt. Dies führt einerseits zu Veränderungen in der Altersstruktur der in Privathaushalten lebenden Personen, andererseits zu einer wachsenden Anzahl von allein lebenden älteren Frauen. Die Vereinzelung ist nicht nur eine altersbedingte Ausprägung des demografischen Wandels, sondern gleichzeitig das Ergebnis tendenziell flüchtiger werdender Lebensformen, die ebenfalls in einem Kleinerwerden der Privathaushalte münden. Da rüber hinaus differenzieren sich die Lebens - ent würfe und Wanderungsbiografien der soge - nann ten „Landbevölkerung“ mehr und mehr aus. Unterschiedliche Definitionen eines adäquaten Wohnangebots auf dem Land sind die Folge. Hotspots „Leistbares Wohnen und Baulandmobilisierung“ Sowohl in wachsenden wie auch schrumpfenden Landgemeinden sind leistbares Wohnen und Baulandmobilisierung die Kernthemen. In der Langzeitbetrachtung wird der (innerfamiliäre) Umgang mit privaten (Wohn)Immobilien dann für die Gemeindeentwicklung und letztlich die Stabilisierung der Einwohnerzahlen zur Herausforderung, wenn (Wohn)Immobilien nach dem Ableben der Besitzer bzw. der Besitzerinnen in größerer Anzahl auf unbestimmte Zeit leer stehen und eine Veräußerung der Immobilien seitens der Erbinnen und Erben aus unterschiedlichsten Gründen (derzeit) nicht infrage kommt. In diesem Zusammenhang muss es bei Spekulationen über die Möglichkeit der Befriedigung der Nachfrage nach Wohnraum seitens junger Menschen durch frei gewordene (ältere) (Wohn) Immobilien in Ermangelung quantitativer Befunde bleiben. Besonders manifest werden die Konsequenzen der innerfamiliären Hortung leer stehender Immobilien in allen Siedlungsbereichen, die den Prozess der kollektiven Alterung nahezu bzw. bereits abgeschlossen haben und sich heute beispielsweise in verödeten Straßenzügen zeigen. Wer erbt das bauliche Erbe? Ob und in welchem Ausmaß es mittel- bis langfristig zu Verschiebungen in den Eigentumsverhältnissen kommen wird, lässt sich aus heutiger Sicht nicht hinreichend beantworten. Eine verbal-argumentative Annäherung in Verschneidung vorhandener empirischer Befunde erlaubt folgenden Ausblick: Die private (Wohn)Immobilie wird wo immer möglich weiterhin bevorzugt innerhalb der Familie weitergegeben und wechselt tendenziell spät den Besitzer bzw. die Besitzerin. Der Wunsch nach einem möglichst langen selbstständigen Leben in den eigenen vier Wänden ist bei den (jungen) Seniorinnen und Senioren ausgeprägt. Diese Sesshaftigkeit begründet sich aus dem „Hängen am Selbstgeschaffenen“. Ein Großteil des privaten Kapitals ist in der Immobilie räumlich gebunden und diese womöglich noch gar nicht abbezahlt. Deshalb wechselt „das Haus“ den Besitzer bzw. die Besitzerin innerhalb der Familie spät, es sei denn, es erfolgt z. B. in Voraussicht einer (potenziellen) Übersiedlung in eine stationäre Betreuungseinrichtung zur „Wahrung des immobilen Vermögens“ eine verfrühte Übergabe. Erst wenn es keine Familienmitglieder gibt, die Haus oder Wohnung übernehmen könnten, bzw. diese von einer Übernahme der Immobilie Abstand nehmen (z. B. wegen notwendiger Investitionen in näherer Zukunft) oder die Übertragung des Eigentums an ein Familienmitglied nicht gewünscht ist, wird dieses an einen „Externen“ übertragen. Dies können beispielsweise neben Banken und der Gemeinde selbst auch an der Begründung eines Hauptoder Nebenwohnsitzes interessierte Pri vatpersonen (internationaler Herkunft) sein. An die zukünftige Praxis der familieninternen Weitergabe und Nutzung von (Wohn)Immobilien bzw. der Veräußerung an Externe sind Unsicherheiten und offene Fragen gebunden. So gilt es einerseits zu bedenken, dass die – rechtzeitige – Übernahme der Immobilie(n) bzw. Liegenschaften durch die Kinder (in mittelfristiger Perspektive) bzw. die Kindeskinder (in langfristiger Perspektive) vor allem in strukturschwachen peripheren Landgemeinden immer seltener Automatismen folgt: Die Wahl des räumlichen Lebensmittelpunktes, d. h. des Hauptwohnsitzes nach Abschluss der Ausbildung bzw. während der beruflichen Etablierungsphase, folgt zunehmend rationalen Kriterien, d. h. sogenannten harten Standortfaktoren, wie etwa der Qualität der infrastrukturellen Versorgung, aber auch der räumlichen Distanz zwischen (künftigem) Wohnstand ort und Arbeitsort. Deshalb locken hier vor allem städtische Zentren selbst und deren Stadt- Eine raumwissenschaftliche Betrachtung

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Karl-Heinz Klopf: „Airport Expressway/ Jichanggausu, E 3 rd Ring Road/Dangsanhuan Beilu, Shunyuan Jie, Xinyuan Jie“ 2007 81,6 × 122,6 cm umlandgemeinden. Über die Rückkehr von Personen in der vierten und fünften Lebensdekade in deren ländliche Herkunftsgemeinden nach Austritt aus dem Erwerbsleben kann aus heutiger Sicht ebenfalls nur spekuliert werden. Aus raumwissenschaftlicher Perspektive liegen Zusammenhänge zwischen Raumtypik und Rückkehrneigung nahe. Über den Zusammenhang zwischen örtlicher Infrastruk turausstattung und der Bereitschaft, „Haus und Garten“ der Eltern zu über nehmen, liegen derzeit keine quantitativen Datenbasen vor. Allerdings ist zu vermuten, dass an städtische infrastruktu relle Annehmlichkeiten gewöhnte Personen tendenziell wenig geneigt sein werden, ihren räumlichen Lebensmittelpunkt gänzlich in strukturschwache periphere Landgemeinden zurückzuverlegen. Sie werden bestenfalls „Einwohner/innen auf Zeit“ sein, die sich – sofern sie es sich leisten können – die „städtische Hintertür“ (also einen weiteren Wohnsitz) offen halten werden. Zudem gilt es, in Bezug auf das Potenzial externer Übernehmer/innen (wie etwa Banken), Leerstand im Bereich Wohnimmobilien zu verhüten bzw. denselben zu beheben und die Relevanz konkreter Verwertungsabsichten und prognostizierter Wertzuwächse mitzuberücksichtigen. Es ist wichtig, zu verstehen, dass es in der Regel um den Verkehrswert von Grund und Boden, nicht um den Wert der darauf errichteten Baulichkeit geht. Hier spielen raumbezogene Parameter, wie etwa die Lage der Immo bilie bzw. Liegenschaft in einem Zentralraum oder einer Stadtregion, deren Anbindung an einen höherrangigen Verkehrsträger und dergleichen, eine entscheidende Rolle. Weg vom Besitzen hin zum Bewohnen? Ein Haus baut man kaum für sich allein. Einmal errichtet, entfaltet es hohe emotionale, finanzielle und räumliche Bindekraft. Allerdings setzt das Genießen des räumlich verorteten Geldes stabile Familien- und Arbeitsverhältnisse voraus. Die wachsende Anzahl Alleinlebender, die zunehmende (berufsbedingte) Erschwernis der langfristigen Fix ierung des räumlichen Lebensmittelpunkts und die steigende lebenslagenspezifische Armutsgefährdung regen an, die Potenziale anderer Wohnformen, wie etwa Mehrgenerationenwohnen in der Herkunftsfamilie oder gar Gemeinschafts eigentum und Rechtsverhältnisse (Miete) auch in ländlichen Regionen gemeinsam mit den kommunalpolitischen Entscheidungsträgern, auszuloten. N 16 | 17 299 Eine raumwissenschaftliche Betrachtung

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Mein, dein, euer, unser Freiraum für alle | Öffentliches Gut und gemeinschaftliche Verantwortung Jede städtische Freifläche erfüllt einen ökologischen, ökonomischen, stadtklimatischen, volksgesundheitlichen oder sozialen Nutzen für die Kommune, doch nicht jede Fläche ist kommunal aktiv nutzbar. Stephanie Drlik ist Landschaftsarchitektin, Gründerin des Büros la propos und ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität für Bodenkultur. Pflichten teilen Zunächst entscheiden die Eigentumsverhältnisse, ob ein Freiraum privat oder öffentlich genutzt werden kann und wer für seine Erhaltung verantwortlich ist. Doch dieses duale Prinzip erfährt zunehmend Aufweitungen. Steigende Bevölkerungszahlen in Metropolen, der damit einhergehende wachsende Freiraumbedarf, hohe Qualitätsansprüche und die zunehmend eingeschränkten Haushaltsbudgets der Städte können die Schaffung und insbesondere die Erhaltung öffentlicher Grünund Freiräume nicht mehr zur Gänze aus eigener Hand decken. Der öffentlich nutzbare urbane Freiraum kann sich daher nicht länger ausschließlich über kommunalen Gemeinbesitz definieren. Immer öfter kommen neue Modelle der Flächenbeschaffung, der Herstellungs- oder Erhaltungsfinanzierung zur Anwendung, die Rechte, Pflichten und Verantwortlichkeiten im städtischen Freiraum teilen. Eine sinnvolle Möglichkeit der Pflichtenteilung scheinen die privatrechtlichen städtebaulichen Verträge zu sein, durch die – den rechtlich verpflichtenden Umfang überschreitende – Leistungen von Bauträgern bindend eingefordert werden können. Auch die umstrittenen Public-Private- Partnerships bieten Möglichkeiten, bei knappen kommunalen Mitteln Infrastrukturleistungen oder nutzbaren öffentlichen Raum zu schaffen. Die Zugänglichmachung von privaten Freiräumen wird derzeit verstärkt zur öffentlichen Raumgewinnung genutzt. Öffentlich – privat Raumzuschnitte erfolgen also nicht mehr ausschließlich im Kontext der Besitzverhältnisse, sondern basieren mehr und mehr auf funktionalen Überlegungen, die eine Verschiebung der Nutzungsgrenzen zugunsten des öffentlichen Raums zur Folge haben. Der teilöffentlich nutzbare Freiraum nimmt einen wachsenden Stellenwert bei der Verfügbarmachung von Freiflächen für die Öffentlichkeit ein und wird somit zum integralen Bestandteil des öffentlichen Freiraumsystems. Wo Raumgrenzen zu Übergängen werden sollen, muss sich die Freiraumgestaltung mittels Gestaltungselementen und räumlichen Interventionen über Besitzverhältnisse hinwegsetzen und Aneignung ermöglichen. Um Konfliktpotenzial zu minimieren, ist neben der Aufwertung des gemeinschaftlichen Stadtlebens auf öffentlich nutzbarem Grund auch dem Verlangen der Stadtbewohner nach Rückzug im privaten, sozial geschützten Bereich zu entsprechen. Ein funktionierendes Gemeinwesen setzt ein ausgewogenes Freiraumangebot zwischen privat und öffentlich voraus. Doch der Wunsch, einen Privatgarten zu besitzen, erfüllt sich in der dichter werdenden Stadt mit geringen Flächenverfügbar keiten und hohen Marktpreisen meist nur für eine privilegierte Minderheit der Stadtbevölkerung, woraus ein soziales Ungleichgewicht resultiert. Das zeigt sich in Gentrifizierungsprozessen, der Verdrängungsökonomie durch Eigentums bildung und hochpreisigen Mieten, bei denen Freiräume als aufwertender Faktor eine tragende Rolle spielen. Die große Nachfrage der Stadtbewohner nach Balkonen, Terrassen und privaten Mietergärten zu Erdgeschoßwohnungen ist Ausdruck des Wunsches nach privatem Aufenthalt im Freien. Doch das Angebot ist oftmals unbefriedigend, wodurch der öffentliche und teilöffentliche Freiraum weiter an Bedeutung gewinnt. Aus dem Bedürfnis nach einem eigenen Garten, aber auch nach mehr Gemeinschaftlichkeit und sozialen Kontakten in immer unüberschaubareren urbanen Agglomerationen hat sich eine neue Form des Gartens in der Stadt etabliert, der zwischen privat und öffentlich einzuordnen ist: der Gemeinschaftsgarten. Auf kommunalem, gemietetem, geborgtem, genossenschaftlichem oder gemeinschaftlich erworbenem Grund kann dem nachgegangen werden, worauf sich die Nutzergruppe vorab geeinigt hat. Wobei hier weniger wichtig scheint, wem der genutzte Freiraum gehört, als vielmehr mit wem er geteilt wird. Nutzungsrechte werden in Gemeinschaftsgärten ebenso gleichberechtigt geteilt wie Pflichten. Diesem Gedanken entsprechen auch Baugruppenprojekte, die gebäudeassoziierte Freiraumanlagen verfügbar machen, nach den Anforderungen der Wohngemeinschaft gestalten und später gemeinschaftlich nutzen und erhalten. Der Ansatz folgt dem Shared-Economy-Prinzip: Man teilt das, was alleine zu besitzen nicht leistbar wäre, und ermöglicht so Lebensqualität auf Gemeinschaftsbasis im städtischen Gefüge. Der gemeinschaftlich genutzte Freiraum greift jahrhundertealte Strukturen auf. Das vom Menschen errichtete und zu erhaltende soziale Kulturland hat die gesicherte Entfaltung im eigenen Lebensraum im Bereich und Schutz der Gemeinschaft ermöglicht. Die ansässige Gesellschaft überlieferte den Anspruch auf Nutzung und Ertrag. Heute formieren sich Interessengemeinschaften aus ähnlichen Beweggründen wie einst. Sie spiegeln das Verlangen nach mehr Mitsprache bei der Gestaltung des eigenen Lebensraums wider und fordern Stadtraum und Nutzungsrechte selbstbewusst ein. Dabei ist eine wachsende Bereitschaft zu erkennen, Pflichten und Verantwortung für das eigene Tun und für die Gemeinschaft zu übernehmen. Das selbstbewusste Einfordern von Stadtraum ist auch im öffentlichen Bereich spürbar, das zunehmende Verantwortungs- und Pflichtbewusstsein Mein, dein, euer, unser Freiraum für alle

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vermisst man dort jedoch oftmals – zumindest in unseren Breiten. Die moralische Verpflichtung des Einzelnen gegenüber der Stadtgemeinschaft, für das öffentliche Gut Verantwortung zu übernehmen, wird kaum wahrgenommen. Das zeigt sich zum einen im fahrlässigen Umgang mit Allgemeingut, zum anderen in einer Art Selbstentmündigung der Freiraumnutzerinnen und -nutzer. Die Verantwortung zur Herstellung, zur Instandhaltung und für die Konsequenzen des eigenen Handelns im öffentlichen Raum wird an die Stadtverwaltung abgegeben, ja sogar die Verantwortung für die eigene Sicherheit während Aufenthalt und Nutzung. Diese fehlende Bereitschaft zur Eigenverantwortung im öffentlichen Raum erklärt sich mit der zunehmenden Größe der Städte, mit der abnehmenden Identifizierung der Stadtbevölkerung mit dem eigenen Lebensraum sowie mit einer gewissen Erwartungshaltung der Bevölkerung, die selbstverständlich gewordene Standards und Serviceleistungen der Stadtverwaltung voraussetzt. Die Tradition der Nutzung freiräumlichen Gemeinschaftsgutes in europäischen Städten ist lang. Auf Flächen in Allgemeinbesitz, die der dörflichen oder kleinstädtischen Gemeinschaft zur freien Verfügung standen, wurden Nutzungsreglementierungen sozial kontrolliert. Informelle Verhaltensregeln legten Nutzungsrechte, Nutzungsformen, aber auch Verpflichtungen zum sorgsamen Umgang und zur Erhaltung der gemeinschaftlichen Fläche fest. Hat diese soziale Kontrolle über den Gemeinschaftsraum im dörflichen oder kleinstädtischen Rahmen noch funktioniert, so wird es im Zuge der städtischen Entwicklung mit zunehmender Größe der Gemeinschaft und der damit einhergehenden Anonymisierung der Nutzenden schwieriger, Regeln und Pflichten informell zu transportieren. Festgeschriebene Reglementierungen und Konsequenzen bei Regelverstößen werden erforderlich. Sind Vorschriften zur Sicherheit der Nutzer/ innen und zum Schutz der Flächen jedoch formell festgelegt, bleibt nur wenig Spielraum zur Entfaltung außerhalb der Norm. Die Einschränkungen durch Reglementierungen setzen sich auch bei planenden und gestaltenden freiräumlichen Eingriffen fort und erschweren die Verwirklichung außergewöhn licher freiraumplanerischer Gestaltungsideen im öffentlichen Raum. Der öffentliche Raum einer Stadt ist kultureller Spiegel einer Gesellschaft: Österreichische Städte zeigen Entwicklungspotenzial. In Wien ist der Grundgedanke des freiräumlichen Gemeinschaftsgutes als zentrales Element eines identitätsstiftenden Gemeinwesens spürbar. Ein neues gesellschaftliches Selbstbewusstsein nimmt die Stadt auch mehr und mehr als Gemeinschaftsraum wahr, der allen Bewohnerinnen und Bewohnern gehört und ihnen gleichberechtigt zur Verfügung stehen soll. Dieses wachsende Selbstverständnis hat einen planungskulturellen Wandel nach sich gezogen, der versucht, interdisziplinär und kooperativ zu agieren und das Recht der Menschen auf Stadtfreiraum ernst zu nehmen. Bei divergierenden Raumansprü- chen wird immer öfter zugunsten des Gemeinwohls entschieden, so wird etwa der motorisierte Indi vidualverkehr als dominierendes Element des öffentlichen Raums zunehmend hinterfragt. Die aktuellen Wiener Stadterweiterungsprojekte lassen bei den Projektentwicklungen einen gewissen Stellenwert des öffentlichen Freiraums und seiner Nutzerinnen und Nutzer erkennen. Das Prinzip des Teilens wird bei der Freiraumnutzung nach und nach wirksam. Bei der Fülle an Vorhaben sollte aber auch das Teilen von Kosten, Pflichten und Verantwortung vermehrt Anwendung finden, denn die Stadt scheint bei der Verwirklichung von Freiraumqualitäten mancherorts überfordert. Bürger und Bürgerinnen sind aktiv durch Mitarbeit in den Erhaltungsprozess einzubinden, um so Kosten zu senken und Identifizierungsmöglichkeiten mit dem Stadtraum zu schaffen. Teilen kann für die Stadt aber auch bedeuten, Partnerschaften mit Betrieben einzugehen. Dabei handelt es sich meist um Finanzierungsgeschäfte, die Gegenleistungen und Zugeständnisse von allen Seiten erfordern. Es darf daher nicht überraschen, dass privatwirtschaftlich Agierende nicht nach Motiven des größtmöglichen Gemeinwohls, sondern nach Möglichkeiten zur Profitmaximierung handeln. Das birgt Gefahren, die jedoch durch eine starke Eigenpositionierung der Kommune als Partner, Wegweiser und Kontrollorgan minimiert werden können. Als Ergänzung zur kommunalen Freiraumbeschaffung und -erhaltung stellen kreative Finanzierungs- und Nutzungsmodelle durchaus eine Möglichkeit dar, Projekte zu verwirklichen, die sonst kaum realisiert werden könnten. Außergewöhnliche Projekte im öffentlichen Freiraum sind in Österreich rar. Natürlich sind Sinnhaftigkeit, Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit und die Gewährleistung von ökologischen, soziokulturellen und gestalterischen Qualitäten und Freiraumstandards für jedes solche Vorhaben erneut zu prüfen. Doch das sollte ohnehin für jedes neue Freiraumprojekt im öffentlichen Raum gelten – abgelöst von Besitzverhältnissen oder Finanzierungsmodellen. N Karl-Heinz Klopf: „Hennessy Road, Wong Nai Chung Road, Wan Chai Road, Morrison Hill Road, Tak Yan Street, Lockhardt Road“ 2007 24,5 × 35,7 cm 18 | 19 Mein, dein, euer, unser Freiraum für alle

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Baugruppen und Genossenschaften | Wohnen im Gemeinschaftseigentum Robert Temel ist selbstständiger Architekturund Stadtforscher in Wien. Er studierte Architektur an der Universität für angewandte Kunst Wien und absolvierte das Postgraduate-Programm Soziologie am Institut für Höhere Studien in Wien. Zentrale Qualitäten des Wohnens sind nicht allein die viel beschworene Lage, der Preis und ein guter Grundriss. Ganz wesentlich ist Sicherheit, die für die meisten eine notwendige Voraussetzung fürs Wohnen ist: Kann ich dort bleiben, wo ich jetzt wohne? Kann ich mir das auch in weiterer Zukunft leisten? Auch wenn ich einmal etwas weniger verdiene oder in Pension gehe? Der English Housing Survey stellt für 2013/14 fest, dass Mieter in London im Schnitt 72 Prozent ihres Einkommens fürs Wohnen ausgeben. Von solchen Werten ist Österreich noch weit entfernt, doch auch hierzulande wird Wohnen stetig teurer. Um Wohnenden Sicherheit zu bieten, werden diese in Österreich durch ein sehr striktes Mietrechtsgesetz geschützt, das allerdings jährliche Preissteigerungen meist nicht verhindert. Die Alternative für Kreditwürdige ist das Wohnungseigentum, das allerdings in guten Lagen und brauchbaren Größen heute kaum mehr bezahlbar ist. Und das Wohnungseigentum ist mit anderen Nachteilen verbunden, so sind mietgewohnte Bewohner plötzlich mit ganz neuen Verantwortlichkeiten konfrontiert, wenn sie Eigentümer ihrer Wohnung werden, und Stadthäuser werden durch die große Zahl von Kleineigentümern völlig unflexibel und extrem schwer verwaltbar. Wohnen ist ein Menschenrecht, womit sich Einerseits gibt es in unserer Gesellschaft ein grundlegender Eigentümer, die Widerspruch auftut: Wohngebäude besitzen und damit eine Rendite erwirtschaften wollen, ander erseits gibt es Bewohner, die für den nötigen Wohnraum Preise bezahlen wollen, die ihnen Luft zum Leben lassen. Beim Wohnen stellt sich somit die Eigentumsfrage mit besonderer Schärfe. Darum gibt es kommunalen Wohnbau – die Stadt Wien besitzt 220.000 Wohnungen, die sie zu besonders günstigen Preisen vermietet – und geförderten Wohnbau, der meist im Eigentum von gemeinnützigen Bauträgern steht oder jedenfalls gebundene Mietpreise bietet. Mieter und Vermieter zugleich Um die Vorteile von Miete und Einzeleigentum zu verknüpfen, gibt es das genossenschaftliche Eigentum oder, in jüngster Zeit, andere Formen des Gemeinschaftseigentums, die heute von Baugruppen eingesetzt werden. Genossenschaft bedeutet, dass sich eine Gruppe von Menschen zusammenschließt, um gemeinsame Ziele im Kollektiv und dadurch einfacher oder kostengünstiger zu erreichen, beispielsweise die eigene Versorgung mit Wohnraum. Eine Wohnbaugenossenschaft ist somit, in der ursprünglichen Bedeutung des Begriffs, der Zusammenschluss von Wohnungssuchenden, die für die eigene Nutzung Wohnbauten errichten und schließlich bewohnen und betreiben. Durch das Gemeinschaftseigentum entstehen Verhältnisse, die ungewohnt sind und nicht in bekannte rechtliche Kategorien passen. Der Gemeinschaftseigentümer ist vergleichbar mit der Person des „Prosumers“, ein Begriff, der in den 1980er-Jahren erfunden wurde, um neue Übergangsformen zwischen Konsument und Produzent, „Consumer“ und „Producer“ zu beschreiben. Ähnlich ist die Situation beim Gemeinschaftseigentum in der Baugruppe, das heißt im Zusammenschluss von Wohnungssuchenden, die ihr gemeinsames Wohnhaus bauen wollen: Die Mitglieder der Baugruppe sind, sobald sie einziehen, gleichzeitig Vermieter und Mieter – sie sind einerseits Mitglieder in einem Verein oder einer Genossenschaft, die ein Wohnhaus besitzt und die darin befindlichen Wohnungen vermietet, sie sind also – als Kollektiv – Vermieter; und sie sind andererseits jene, die diese Wohnungen einzeln, als Familien, wgs, Alleinlebende etc. mieten, sie sind also auch Mieter. Das bedeutet Sicherheit vor Wohnungsverlust, weil die Gruppe über Konfliktfälle und Kündigungen bestimmt. Voraussetzung sind natürlich entsprechend faire interne Regelungen. Es bedeutet ebenso Sicherheit durch Preisbindung, schließlich entscheidet die Gruppe anhand der realen Kosten, wie hoch sie die Miete (für sich selbst) ansetzt, ohne dass dabei jemand Gewinn macht. Oftmals haben solche Gruppen auch interne Solidaritätsregelungen, um Mitbewohner, die unter Einkommensverlusten leiden, eine Zeit lang oder dauerhaft als Gruppe mittragen zu können. Und es bedeutet gleichzeitig professionelle Verwaltung und Betreuung sowie die Möglichkeit, als Gruppe über Sanierung, Ausbau, Weiterentwicklungen, Nutzungsänderungen zu entscheiden, ohne dass Einzelne dies blockieren können. Unterschiedliche Möglichkeiten Baugruppen in Österreich haben heute meist eine von drei Formen: Sie werden entweder im Wohnungseigentum errichtet, das heißt jede einzelne Wohnung befindet sich im Einzeleigentum, gemeinsam ist hier oft ein Verein der Bewohner, der Gemeinschaftsräume betreibt oder vermietet. Oder sie werden als Mietwohnungen errichtet, das heißt die Gruppe kooperiert mit einem gemeinnützigen Bauträger, der das Gebäude in ihrem Auftrag baut und an die Gruppenmitglieder vermietet, in diesem Fall gibt es kein Gemeinschaftseigentum der Gruppe, sondern das Haus gehört einem externen Unternehmen und unterliegt den Vorgaben des Mietrechts. Oder die Gruppe realisiert echtes Gemeinschaftseigentum, das heißt bisher, dass sie einen Verein gründet, dem ein „Heim“ Baugruppen und Genossenschaften

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gehört. Der Verein ist Heimbetreiber und vergibt „Heimplätze“, das heißt Wohnungen, an seine Mitglieder. Diese drei Formen haben auch unterschied - liche Auswirkungen, falls jemand die Baugruppe verlässt: Im Wohnungseigentum kann der jeweilige individuelle Eigentümer seine eigene Wohnung verkaufen so wie in jedem anderen Wohnungseigentumshaus auch. Teilweise vereinbaren die Gruppen Vorkaufsrechte der Gemeinschaft für solche frei werdenden Wohnungen, um als Gruppe über die zukünftigen Käufer bestimmen zu können. Im Mietmodell entscheidet der Eigentümer, also der Bauträger, wer die frei werdende Wohnung mieten kann, soweit es nicht Eintrittsrechte nach dem Mietrechtsgesetz gibt. Oft vereinbaren die Gruppen mit dem Bauträger ein Belegungsrecht für diese Wohnungen innerhalb einer gewissen Frist. Eventuelle Eigenmittelanteile erhält der Mieter wie bei jedem geförderten Wohnbau abgewertet zurück. Beim Gemeinschaftseigentum fällt die frei werdende Wohnung an die Gruppe und diese kann die Wohnung neu vergeben. Auch in diesem Fall erhält man beim Ausziehen Eigenmittel zurück, manchmal auch noch die bereits bezahlte Tilgung. Während man also beim Wohnungseigentum einen „Spekulationsgewinn“ realisieren kann, wenn die Gruppe nicht ein preisgebundenes Vorkaufsrecht besitzt, erhält man bei der Miete nur einen Anteil der Eigenmittel zurück – und beim Gemeinschaftseigentum entweder ebenso einen Anteil der Eigenmittel oder das gesamte aufgebaute Vermögen, also Eigenmittel und getilgtes Fremdkapital. Die Heimkonstruktion ist die einzige Form von Gemeinschaftseigentum, die bisher in Österreich realisiert wurde. In Deutschland und der Schweiz ist die beliebteste Form dafür die Genossenschaft, die ja in ihren Grundzügen genau den Prinzipien des Gemeinschaftseigentums entspricht. Neue Wohnbau - ge nossenschaften gibt es jedoch in Österreich bisher gar nicht. Grund dafür ist, dass die Genos - sen schaft in Österreich sehr stark mit der Wohnungsgemeinnützigkeit verbunden ist, und tatsächlich sind einige gemeinnützige Bauvereinigungen bis heute Genossenschaften. Diese beiden Formen haben aber grundsätzlich verschiedene Ziele: Während das Ziel der Genossenschaft die Förderung der eigenen Mitglieder ist, z. B. durch Bereitstellung günstigen Wohnraums, also dem Prinzip der Selbstorganisation entspricht, geht es bei der Wohnungsgemeinnützigkeit um die soziale Wohnversorgung der Bevölkerung, also um staatliche Vorsorge mithilfe privater Unternehmen. Um die Diskussion über Eigentumsformen und Bodenpolitik zu intensivieren und neue Potenziale zu entwickeln, wäre zu hoffen, dass auch in Österreich wieder neue (kleine) Wohnbaugenossenschaften entstehen – fast hundert Jahre nach der Siedlerbewegung, die auch genossenschaftlich organisiert war. N Karl-Heinz Klopf: „Jalan Pelem Sewu, Jalan K. H. Ali Maksum, Jalan Parangtritis“ 2014 61,5 × 90 cm 22 | 23 299 Baugruppen und Genossenschaften

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Grundstücksgrenze – Eigentumsgrenze | … und was man sonst noch über die Digitale Katastralmappe und den Unterschied zwischen Besitz und Eigentum wissen sollte Dietrich Kollenprat ist Vorsitzender der Bundesfachgruppe Vermessungswesen und Geoinformation und gerichtlicher Sachverständiger. Das Eintragungsprinzip Grundstücksgrenzen, die in Grundbuch und Kataster registriert sowie in der Natur sichtbar mit Grenzsteinen gekennzeichnet sind, sichern den Grenzfrieden mit den Nachbarn über Generationen. Aber auch dem vorsichtigsten Grundeigentümer kann es passieren, dass ein Grenzstein verschwindet, überbaut, verschoben oder ausgeackert wird. Aber Vorsicht, nicht jeder in der Natur vorhandene Grenzstein muss sich in der digitalen Katastralmappe (dkm) wiederfinden. Dazu muss das Grenzzeichen zunächst von einem Vermessungsbefugten eingemessen, planlich dokumentiert und bei der Vermessungsbehörde als Urkunde eingebracht werden. Aber selbst dann ist noch nicht garantiert, dass sich das Grenzzeichen in der dkm dauerhaft abbildet. Dazu bedarf es im Fall eines Teilungsplans auch des Grundbuchantrags des Grundeigentümers. Zudem ist man gut beraten, die Interpretation der Katastralmappe durch einen Fachmann vornehmen zu lassen, insbesondere wenn eine kombinierte Darstellung mit einem Orthofoto vorliegt (ama-Hofkarten) und der Katasterstand lediglich die grafische Mappe (die meist vor mehr als 150 Jahren entstanden ist) wiedergibt. Das Eintragungsprinzip besagt, dass die Erwerbung, Übertragung, Beschränkung und Aufhebung von Rechten an Liegenschaften (,,unbeweglichen Sachen“) nur durch die Eintragung in die öffentlichen Bücher bewirkt wird. Nicht der Kaufvertrag oder der Besitz, sondern nur die aufgrund eines gültigen Titels (z. B. Kaufvertrag) erfolgende Eintragung im Grundbuch schafft Eigentum. Grenzsteine Grenzsteine und sonstige Grenzzeichen (§ 2 VermV) zeigen den Eigentümern und Nutzungsberechtigten an, wie weit sich ihre Rechte an Grund und Boden erstrecken. Dadurch werden das Grundeigentum abgegrenzt und die Grenzen an Ort und Stelle sichtbar gemacht. Sichtbare Grenzzeichen tragen wesentlich zur störungsfreien Besitzausübung bei. Eine Veränderung durch Unbefugte hat strafrechtliche Konsequenzen (§ 147 StGB). Grenzsteine auf der Grenzlinie stehen in der Regel im Miteigentum der beidersei tigen Grundeigentümer. Daraus folgt, dass eine einseitige eigenmächtige Erneuerung oder Berich tigung der Grenze eine Besitzstörung (!) darstellen kann. Grundsätzlich ist es eine gute Sache, im Einvernehmen mit den Nachbarn die gemeinsame Grenze neu zu vermarken, also die Grenzzeichen zu erneuern. Ohne fachliche Unterstützung wird es aber selten gelingen, den verloren gegangenen Grenzpunkt exakt wiederherzustellen. Jede Abweichung von der rechtmäßigen Grenze führt dann zwar zu einer neuen Besitzgrenze, die Eigentumsverhältnisse bleiben aber unverändert. Wenn Besitz und Eigentum voneinander abweichen, kann schon bei der Übergabe an die Nachkommen der momentane Grenzfrieden zu einem Grenzstreit führen. Umso mehr gilt das, wenn im beiderseitigen Einvernehmen eine Grenze begradigt wird, um die Bewirtschaftung zu erleichtern, oder ein Grundstücksstreifen schnell und einfach übertragen werden soll. Werden Grundstreifen abgetreten und die Grenz zeichen einvernehmlich versetzt, verändert dieser Vorgang wegen des Verstoßes gegen das grundbücherliche Eintragungsprinzip weder die Eigentumsverhältnisse noch legt er den Grenzverlauf neu fest. Man wird zwar Besitzer des Grundstreifens, nicht aber dessen Eigentümer. Zum Eigentümer von Grundstücken und Grundstücksteilen wird man erst durch die Eintragung im Grundbuch. Andernfalls bleibt alles beim Alten und es gilt weiterhin die frühere Grenze. Die einvernehmliche (Neu)Festlegung der Grundstücksgrenze führt noch nicht zum Erwerb des Eigentums, auch wenn es eine einvernehmliche Vereinbarung über den Eigentumswechsel gibt. Es ist von einer Grundstücksteilung auszugehen und für den Eigentumserwerb bedarf es der Ab- und Zuschreibung der Teilflächen im Grundbuch. In vielen Fällen wird man dafür wohl das sogenannte vereinfachte Verbücherungsverfahren (§ 13 LiegTeilG) anwenden. Grundbuch und Kataster Das Grundbuch ist ein öffentliches Register, in das Grundstücke und die sie betreffenden privaten Rechte (z. B. Eigentum) und Verpflichtungen (z. B. Dienstbarkeiten) eingetragen sind. Das Grundbuch ist öffentlich zugänglich, die darin enthaltenen Eintragungen genießen öffentlichen Glauben. Das bedeutet, jedermann darf sich auf die Richtigkeit und die Vollständigkeit verlassen. Katastralgemeinden und Grundstücke sind im Kataster definiert, der eine flächendeckende Beschreibung aller Grundstücke darstellt und Informationen zu deren Lage, Größe und Nutzung enthält. Den Kataster gibt es in zwei Ausprägungen: Im Grenzkataster sind die Grundstücksgrenzen rechtsverbindlich gesichert, weil sie bereits nach dem VermG 1968 verhandelt und vermessen wurden, und können auf den Zentimeter genau in die Natur rückübertragen werden. Die Ersitzung von Grundstücksteilen ist ausgeschlossen (§ 50 VermG). Im Grundsteuerkataster ist die Genauigkeit von der seinerzeit angewandten Messmethode abhängig, die Beweiskraft der Grenzen ist im Einzelfall zu bewerten. Bei der einvernehmlichen Neuvermarkung der gemeinsamen Grundgrenzen sichert Grundstücksgrenze – Eigentumsgrenze

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Kataster-Prinzipskizze 121 122 123 11 12 13 14/1 14/2 15 Nur die Grenzen des Grundstücks 14/2 sind technisch und rechtlich verbindlich definiert. Beim Grundstück 14/1 gibt es eine lokal bestimmte Vorurkunde, die zu erheben und zu berücksichtigen ist. Dazu müssen örtlich vorhandene Grenzpunkte oder amtlich gegebene Identpunkte einbezogen werden. Die Grenzen der Grundstücke 11 bis 13 sind zu verhandeln und in der Grenzverhandlung festzulegen und zu kennzeichnen. Die Grundstücksfläche von 14/2 ist verbindlich vorgegeben. Die Fläche von Grundstück 14/1 sollte kontrolliert werden. Die Flächenangaben der Grundstücke 11 bis 13 sind unsicher. Ulbrich, Karl: Genauigkeit der ersten Meßtisch­Katastralvermessung in Österreich, in: Österreichische Zeitschrift für Vermessungswesen, Jg. 44, Wien 1961. man sich zwar den ,,letzten ruhigen Besitz“, man lässt aber außer Acht, dass damit der Zusammenhang der (Besitz)Grenze in der Natur mit der in den öffentlichen Büchern dokumentierten (Eigentums)Grenze nicht mehr gegeben ist. Damit ist nur zwischen den Beteiligten gesichert, bis wohin man sein Grundstück nutzen kann, ohne dass man mit seinem Nachbarn in Konflikt gerät. Aber erst durch die Vermessung der festgelegten Grenze durch einen Zivilgeometer, die Dokumentation in einer Vermessungsurkunde und die Vorlage beim Vermessungsamt (d. h. dauerhafte Archivierung im Geschäftsregister des Bundesamts für Eich- und Vermessungswesen) wird der erzielte Grenzfriede auch für Rechtsnachfolger gesichert. Wenn der dargestellte Grenzverlauf eines Grundstücks in der Katastralmappe mit dem seit der letzten Vermessung unverändert gebliebenen Grenzverlauf nicht übereinstimmt, so wird das Vermessungsamt die Katastralmappe auf der Grundlage eines Mappenberichtigungsplans berichtigen (§ 52 Abs 5 VermG). Bei erheblichen Änderungen der Katastermappe, die den dringenden Verdacht nahelegen, dass die Nachbarn durch Vortäuschen eines Vergleichs eine Eigentumsänderung infolge eines Erwerbsgeschäfts verschleiern wollen, liegt kein Fall einer Mappenberichtigung vor. Ob der Verdacht einer solchen Verschleierung naheliegt, hängt maßgeblich auch von der Qualität der Katastralmappe im jeweiligen Gebiet ab. Dafür haben die Vermessungsbefugten und das zuständige Vermessungsamt Erfahrungswerte. 1 Grenzstreit Wenn die Grenze zwischen zwei Grundstücken des Grundsteuerkatasters unkennbar oder strittig ist, haben die Anrainer das Recht, dass ein Gericht die Grenze erneuert oder berichtigt (§ 850 ff abgb). Das Gericht ordnet die Neuvermarkung an oder setzt mit Kennzeichnung der Grenzpunkte die unklare oder strittige Grenze (unter Zuhilfenahme eines Sachverständigen) neu fest. Das vom Gericht benachrichtigte Vermessungsamt berichtigt den Grundsteuerkataster von Amts wegen (§ 52 Abs 6 VermG). Für die im Grenzkataster enthaltenen Grundstücke ist das gerichtliche Grenzerneue rungsverfahren nicht mehr anwendbar. An seine Stelle tritt bei Streitigkeiten über den Grenzverlauf eine Grenzwiederherstellung aufgrund der Angaben des Grenzkatasters. Die beste Methode der Grenz sicherung ist ein von beiden Seiten anerkannter Grenzstein, dessen Standort im Landeskoordinatensystem eingemessen und im Kataster doku mentiert ist. Planungsgrundlage Bei jedem Planungs- und Bauvorhaben muss sichergestellt werden, dass keine Nachbarrechte verletzt werden. Dazu sind die Eigentumsgrenzen zuvor zu sichern. Dies erfolgt bei Großbauvorhaben zumeist durch katastrale Voraufnahmen (Mappen berichtigungen) und/oder vorläufige oder end gültige Grundeinlöse (Teilungspläne). Was im Großen unumgänglich ist und sich bewährt hat, muss auch im Kleinen gelten. So weiß der erfahrene Planer die Katastralmappe entsprechend zu lesen, insbesondere dann, wenn der Grundeigentümer ein kleines Baugrundstück erworben hat und dieses möglichst zur Gänze ausnutzen möchte. Wenn also nicht alle Grenzpunkte in der dkm mit einem Punktring samt Grenzpunktnummer ver sehen sind, weiß der Planer, dass er vor den Planungsarbeiten mit einem Zivilgeometer Kontakt aufnehmen muss, damit sämt liche Grenzen tech nischen und rechtlichen Charakter erhalten und im Landeskoordinatensystem fixiert werden. Diese Grundsätze, die im Vorfeld helfen, Nachbarschaftskonflikte zu vermeiden, sind vielfach be reits in Landesgesetzen und Ver ordnungen geregelt. Eine weitere sinnvolle Maßnahme bei fertiggestellten Bauvorhaben ist deren Einmessung und Dokumentation in der Katas tralmappe. Dadurch wird die Übereinstimmung von Naturstand und Katasterstand gewährleistet, was wiederum wertvolle Synergien für weitere und übergeordnete Planungen und für die kommunale Bewirtschaftung bietet. Einzelne Länder haben bereits gesetz liche Regelungen dazu installiert; es mögen die übrigen diesem richtungsweisenden Vorbild folgen. N 24 | 25 299 Grundstücksgrenze – Eigentumsgrenze

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Die Methode einer flächendeckenden Massenbewertung fehlt | Buchbesprechung „Liegenschaft und Wert“ Dietrich Kollenprat ist Vorsitzender der Bundesfachgruppe Vermessungswesen und Geoinformation gerichtlicher Sachverständiger. In Österreich gibt es derzeit keine Methode einer flächendeckenden Massenbewertung. Die Einführung eines solchen Systems kann mit seinen vielfältigen Funktionen eine wertvolle Entscheidungshilfe für Wirtschafts- und Sozialpolitik, für Umweltund Fiskalpolitik, für Raumordnung und für die Besteuerung von Grund und Boden (Grundstücke und Gebäude) auf einer fairen Basis sein. Das Buch zeigt die Datengrundlagen, Methoden und Trends der Wertermittlung von Liegenschaften auf und versucht, aus den Good Practices verschiedener Länder wie Litauen, Russland, Slowenien, Schweden, Spanien und den usa Schlussfolgerungen für die Gestaltung eines solchen Systems in Österreich darzustellen. Dabei wird die Bedeutung von in Österreich umfangreich vorhandenen, aber nicht vollständig genutzten Geodaten als Basis für die Bewertung von Liegenschaften unterstrichen. Eine namhafte Reihe von Fachexperten, Christoph Twaroch, Reinhold Wessely, Julius Ernst, Anka Lisec, Reinfried Mansberger, Gerhard Muggenhuber, Gerhard Navratil, Doris Ritzberger- Grünwald, Martin Schneider, Bernhard Futter, Abina Aleksiene, Arvydas Bagdonavicius, Nikolai Volovich, Luis Arijon, Amalia Velascon Martin- Vares und Eva-Maria Unger, stellt die technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen, die Erfahrungen in anderen Ländern und die Chancen und Möglichkeiten in Österreich dar. Eine Massenbewertung von Immobilien, sofern sie flächendeckend, aktuell und inhaltlich stichhaltig ist, ist gesamtökonomisch sinnvoll und liefert faire, realistische Werte für die Bemessung von Immobilien. Neben der objektiven Ermittlung von Grundsteuern ergeben sich daraus Daten für seriöse Investitionskosten, Kredite und für leistbares Wohnen. Das elektronische Grundbuch und der flächendeckende digitale Grundstückskataster liefern in Österreich ausgezeichnete Geo-Basisdaten für diese Massenbewertung im Sinne eines Mehrzweckkatasters. Allen Verantwortlichen in Politik, Verwaltung und Wirtschaft, aber auch Sachverständigen und Ziviltechnikern, die sich mit den Fragen von Immobilienwerten oder einer künftigen Massenbewertung und Grundbesteuerung befassen, ist dieses Buch ein wertvoller Ideenlieferant. Eine nachhaltige Diskussion lässt sich aus dieser Lektüre erwarten. Twaroch/Wessely (Hrsg.) NWV – neuer wissenschaftlicher Verlag ISBN 978-3-7083-1023-7 Karl-Heinz Klopf: „Soi 2, Chalerm Mahanakhon Expressway, Thanon Sukhumvit, Soi Sukhumvit 1“ 2007 60,6 × 88 cm Die Methode einer flächendeckenden Massenbewertung fehlt

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Geistiges Eigentum ist ein hohes Gut | Aber was ist tatsächlich geschützt? Heike Glettler ist Juristin in der Kammer der Ziviltechniker/innen für Steiermark und Kärnten und für die Rechtsberatung der Mitglieder zuständig. Fast jede und jeder von uns hat schon einmal das geistige Eigentum eines anderen genutzt. Man kopiert z. B. Texte von Ausschreibungen, vervielfältigt Musik und Fotos aus dem Internet, manchmal verwendet man sogar Teile von Ideen anderer. Jedem ist klar, dass das geistige Eigentum ein schützenswertes Gut darstellt, aber nicht allen ist bewusst, dass sie auch schon damit Urheberrechtsverletzungen begehen. Noch schwerer fällt es dann den Auftraggebern, zu akzeptieren, dass das von ihnen an Zivil techniker/innen in Auftrag gegebene Werk nicht in ihrem Alleineigentum bzw. Verfügungsrecht steht. Der Begriff „geistiges Eigentum“ stellt einen Oberbegriff dar und bezieht sich gemäß der Weltorganisation für geistiges Eigentum (wipo) auf Schöpfungen des Geistes: Erfindungen, literarische und künstlerische Werke, Symbole, Namen, Bilder/Designs, die man im Handel nutzt. Geistiges Eigentum teilt sich demnach in zwei Kategorien: • Industrielles Eigentum, das Erfindungen (Patente, Gebrauchsmuster), Markenzeichen, Produktgestaltungen und geografische Kennzeichnungen umfasst; • Copyright (Urheberrecht), das literarische und künstlerische Werke (wie Romane, Gedichte, Theaterstücke), Filme, Musik, künstlerische Werke (z. B. Zeichnungen, Gemälde, Fotografien und Skulpturen) und architektonische Gestaltung umfasst. Urheberrecht Der Schutz des Urheberrechts selbst ergibt sich aus dem Urheberrechtsgesetz. Ein Werk ist gemäß Urheberrechtsgesetz dann urheberrechtlich geschützt, wenn es eine eigentümliche geistige Schöpfung auf dem Gebiet der Literatur, der Tonkunst, der bildenden Künste und der Filmkunst darstellt. Das Urheberrechtsgesetz zählt zu den Werken der bildenden Künste die Werke der Lichtbildkunst (Lichtbildwerke), der Baukunst und der angewandten Kunst (des Kunstgewerbes). Planungen von Architekten können als eigentümliche geistige Schöpfung unter den Schutzbegriff der „Baukunst“ fallen. Aber wann handelt es sich um ein Werk der Baukunst? Ein Gedanke, die Idee selbst ist nicht geschützt. So hat der Oberste Gerichtshof (ogh) festgestellt, dass nicht der dem Werk zugrunde liegende, noch ungeformte Gedanke als solcher, sondern nur die eigenpersönliche körperliche Formung und Festlegung einer schöpferischen Idee Gegenstand des Urheberrechts sein kann. Maßgeblich ist die auf der geistigen Persönlichkeit seines Schöpfers be- ruhende Individualität des Werks. Dementsprechend ist auch die Methode des Erschaffens nicht geschützt. Liegt sodann ein urheberrechtlicher Schutz vor, ist nicht nur das Bauwerk selbst, sondern sind auch dessen Modelle, Pläne, Zeichnungen und Entwürfe als Werke der bildenden Künste schutzfähig. Einer zweckbezogenen technischen Konstruktion alleine kann genauso wie Alltäglichem, Landläufigem, üblicherweise Hervorgebrachtem kein Schutz zugesprochen werden. Auch dann, wenn es für technische Ideen unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten geben würde. Es können auch einzelne Teile eines Bauwerks (z. B. Fassade) urheberrechtlich geschützt sein. Auf eine bestimmte Werkhöhe kommt es hingegen nicht an. Grundsätzlich ist es aber immer eine Einzel fallbetrachtung, wobei das Gericht zu beurteilen hat, ob es sich dabei um individuelle, eigentüm liche Leistungen handelt, die sich vom Alltäglichen, Landläufigen und üblicherweise Hervorgebrachten abheben. Welche Rechte hat ein Urheber? Der Urheber verfügt über das ausschließliche Verwertungsrecht. Dazu zählen das Vervielfältigungsrecht, das Verbreitungsrecht, das Vermieten und Verleihen, das Senderecht, das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht und das Zurverfügungstellungsrecht. Weiters steht dem Urheber das Namensnennungsrecht zu. Das bedeutet, dass der Urheber des jeweiligen Bauwerks genannt werden muss, z. B. auf einer Hinweistafel am Bauwerk, bei Abbildungen in Zeitungen, Beschriftungen bei Modellen etc. Diese Rechte sind jedoch übertragbar. Meistens finden sich diesbezüglich Regelungen in Verträgen oder auch Wettbewerbsausschreibungen. Das Werknutzungsrecht geht dabei nicht automatisch auf den Auslober bzw. Auftraggeber über. Dies muss sich dezidiert aus den Wettbewerbsbestimmungen bzw. Vertragsbestimmungen ergeben. Meistens wird festgelegt, dass erst unter der Bedingung der Beauftragung bzw. der darauf folgenden vollständigen Vertragserfüllung das Recht, das Werk des Architekten zum vertraglich bedungenen Zweck zu benützen, auf den Auftraggeber übergeht. Der Umfang der eingeräumten Werknutzung hängt demnach primär von der jeweiligen vertraglichen Regelung ab. Das Urheberrechtsgesetz normiert neben den Verwertungsrechten einen Werkschutz. Dieser besteht darin, dass ein Urheber gegen einseitige Änderungen seines Werkes vorgehen kann, soweit diese nicht durch das Gesetz zugelassen sind. Das Gesetz 26 | 27 299 Geistiges Eigentum ist ein hohes Gut

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Karl-Heinz Klopf: „Rue de L’Hôtel de Ville, Rue Vieille du Temple, Rue François Miron, Rue de Jouy, Rue de Fourcy“ 2014 82 × 63 cm Geistiges Eigentum ist ein hohes Gut

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Karl-Heinz Klopf: „Gloucester Place, Dorset Street, Crawford Street, York Street, Salisbury Place, Bickenhall Street, Baker Street“ 2009 54,4 × 82x,5 cm „Feijiacun, Faiguangying East Road“ 2010 51,3 × 77 cm „E University Avenue, N Mc Cullough Street, Central Avenue, Lake Street“ 1998 50,6 × 73,7 cm „Vodroffsvej, Svineryggen, Gylden Løvesgade, Peblinge Dossering, Rosenørns Allé“ 1999 55 × 80 cm 28 | 29 lässt Eingriffe dann zu, wenn sie nach den im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuchen nicht untersagt werden können. Gibt es einen Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch bei unzulässigen Werkeingriffen? Ist ein Werk der bildenden Künste, also auch Planungen von Architekten, unbefugt geändert worden, so kann der Urheber gemäß Urheberrechtsgesetz in Österreich nur verlangen, dass die Änderung auf dem Urstück als nicht vom Schöpfer des Werks herrührend gekennzeichnet oder dass eine darauf befindliche Urheberrechtsbezeichnung beseitigt oder berichtigt wird. Er kann jedoch nicht fordern, dass Bauten abgetragen, umgebaut oder ihm überlassen werden. Anders ist die Rechtslage in Deutschland, wie z. B. das „von Gerkan-Urteil“ zeigt: Beim Streit um den Berliner Hauptbahnhof hat das klagsführende Architekturbüro „von Gerkan, Marg und Partner“ (gmp) gegen die Deutsche Bahn ag recht bekommen. Anstelle der Gewölbedecke wurde von der Deutschen Bahn eigenmächtig eine schlichte Flachdecke gebaut. Das Berliner Landesgericht sah darin eine tief greifende Verfälschung des architektonischen Entwurfs und sprach den Architekten einen Beseitigungsanspruch zu. In Österreich kann der in seinen Rechten verletzte Urheber aber von demjenigen, der ein Werk auf eine dem Urheber vorbehaltene Art unentgeltlich benützt, auch wenn diesen kein Verschulden trifft, die Zahlung eines angemessenen Entgeltes fordern. Angemessen ist jenes Entgelt, das üblicherweise für eine gleichartige, im Voraus eingeholte Zustimmung gezahlt wird. Wenn jedoch jemand schuldhaft eine Rechtsverletzung begeht, hat er dem Urheber ohne Rücksicht auf den Grad des Verschuldens auch den entgangenen Gewinn zu ersetzen. Dem Verletzten, dessen Einwilligung einzuholen gewesen wäre, steht das Doppelte des ihm gebührenden Entgeltes zu, sofern kein höherer Schaden nachgewiesen werden kann. Was steht einem Architekten zu, wenn er nur bis zur Einreichplanung beauftragt wird bzw. der Auftrag vorzeitig beendet wird? Grundsätzlich richtet sich der Umfang der Rechtseinräumung nach dem praktischen Zweck der ins Auge gefassten Werknutzung. Der Auftrag zur Erstellung von Plänen schließt das ausschließliche Recht der Bauausführung und mangels einer gegenteiligen Vereinbarung auch der Benützung durch Dritte (zur Baudurchführung) ein. Nur wenn der Architekt oder die Architektin mit sämtlichen Architekturleistungen beauftragt war und der Bauherr den Vertrag vorzeitig aufkündigt, oder der Architekt/die Architektin berechtigt vom Vertrag zurücktritt, besteht Anspruch auf Unterlassung der weiteren Nutzung. Wenn der Auftrag aber nur die Einreichplanung umfasst hat, geht die Literatur davon aus, dass den Vertragspartnern klar war, dass der Auftraggeber die Pläne des Architekten auch ohne diesen weiter verwenden darf. Auch dann, wenn Architekt/innen den Vertrag ungerechtfertigt kündigen oder der Auftraggeberschaft einen wichtigen Grund zur Vertragsauflösung geben, geht nicht nur der Vergütungsanspruch verloren, sondern darf der Bauherr das Gebäude nach diesen Plänen von Dritten vollenden lassen. Geistiges Eigentum ist ein hohes Gut

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Karl-Heinz Klopf: „Rua do Almada, Rua do Dr. Ricardo Jorge, Rua Clube dos Fenianos, Praca General, Avenidos dos Aliados, Rua de Elisio de Melo“ 2013 43 × 64 cm Wird ein Auftrag in mehrere Baustufen aufgeteilt, ist es ratsam, im Vertrag konkret zu regeln, welche Rechte dem Architekten zustehen: Hat er ein Recht, bei jeder Baustufe beauftragt zu werden? Was passiert, wenn eine oder mehrere Baustufen nicht ausgeführt werden? Darf der Auftraggeber zu einem späteren Zeitpunkt einen anderen Architekten mit der Umsetzung beauftragen? Ansprüche bei Werken, die nicht dem Urheberrechtsgesetz unterliegen Im Fall Flughafen Wien wurde der Planung ein urheberrechtlicher Schutz abgesprochen. Die Umsetzung der künstlerischen und kreativen Raumvorstellung sei lediglich eine technische Lösung und nicht Ausdruck einer individuellen, sich von durchschnittlichen gestalterischen Lösungen in ästhetischer Weise abhebende schöpferische Idee. Aber wieso gebührte den planenden Architekten trotzdem ein Ersatzanspruch? Den Architekten kam hier der Verwendungsanspruch zu Hilfe. Dieser richtet sich gegen denjenigen, der eine fremde Sache ohne Rechtsgrund zum eigenen Vorteil benutzt und sich dabei (im Einzelfall) nicht auf eine Leistung des Eigentümers oder sonst Berechtigten stützen kann. Wichtig ist, ob die konkrete Nutzung dem Berechtigten vorbehalten war und der Verkürzte die Eingriffshandlung jedermann verbieten konnte. Gegenständlich wurde von den Architekten eine konkrete Planung ausgearbeitet, welche von den Beklagten ohne Entgeltleistung verwendet wurde. Da die Beklagten jedoch die Planung und damit das umgesetzte Ideengut der Kläger verwendet haben, steht diesen ein angemessenes Entgelt für den dadurch erlangten Vorteil zu. Seine Höhe richtet sich nach dem im Zeitpunkt der Verwendung verschafften Nutzen. Gegenständlich war dieser Vorteil die Ersparnis der Aufwendungen, die die Beklagten sonst für die aus dem Projekt der Bietergemeinschaft tatsächlich übernommenen Planungsleistungen bei Befassung eines Architekten hätten tätigen müssen. Tipps für die Praxis Um sicherzustellen, dass ein Plan nicht ohne Mitwirkung oder Zustimmung der jeweiligen Architekt/ innen verwertet wird, ist es ratsam, klare Regelungen in den Verträgen zu treffen. Denn wie die Erfahrung zeigt, ist aus Sicht manches Richters nicht alles, was von Architekt/innen geplant wird, eine eigentümliche geistige Schöpfung im Sinne des Urheberrechtsgesetzes. Im Planungsauftrag sollten aufgrund der unklaren Rechtslage daher u. a. Regelungen zur Verwendung der Pläne, Modelle, Nachbau- bzw. Veränderungsrechte, Namensnennung am Bauwerk bzw. bei Veröffentlichungen und die Rechtsfolgen im Falle des Zuwiderhandelns aufgenommen werden. N Geistiges Eigentum ist ein hohes Gut

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Wie geht es der Branche? | Das Ergebnis der Mitgliederumfrage 2014 Seit 2009 befragt die Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten in Zusammenarbeit mit dem wirtschaftsanalytischen Forschungsinstitut Triconsult ihre Mitglieder zum jeweils vergangenen Wirtschaftsjahr, um den betriebswirtschaftlichen Status der gesamten Branche unter die Lupe zu nehmen. Zur Beteiligung an der Umfrage wurden sämtliche Mitglieder mit aufrechter Befugnis eingeladen, knapp 18 Prozent der Einzelziviltechniker/innen und 13 Prozent der zt-Gesellschaften haben die anonymisierten Onlinefragebögen beantwortet. Umsatz, Kosten und Ertrag In Summe erwirtschafteten 4.783 Betriebe (1.781 Ingenieurkonsulent/innen und 3.016 Architekt/innen, davon 14 Betriebe mit Befugnissen in beiden Sparten) rund 2,26 Mrd. Euro Umsatz im Jahr 2013. 1 Die Ingenieurkonsulent/innen sind daran ebenso wie die Architekt/innen mit jeweils etwas mehr als 1,1 Mrd. Euro beteiligt. Der Anteil der Ziviltechniker/innen, die nach eigenen Angaben höhere Umsätze als im Jahr davor erzielten, ist sowohl bei den Architekt/innen als auch bei den Ingenieurkonsulent/innen bei den Einzelziviltechniker/innen konstant geblieben, bei den Gesel l- schaften hingegen gestiegen. Aufgrund der teilweise deutlich höheren Umsätze einiger Befragter liegt der Mittelwert bei 195.000 Euro und damit erneut über den Vergleichswerten des Vorjahres (188.000 Euro) und auch über dem Wert des Jahres 2011 mit durchschnittlich 184.000 Euro Jahresumsatz. Da aber vor allem bei den Einzelziviltechniker/innen einer geringen Zahl einträglicher Büros eine große Zahl mit geringen Umsätzen gegenübersteht, ist die aussagekräftigere Zahl der Median, der auch veranschaulicht, wie groß der Abstand zwischen den umsatzschwachen und umsatzstarken Büros ist. Im Segment der Einzelziviltechniker/innen über beide Sparten betrachtet, liegt er bei 105.000 Euro, was besagt, dass 50 % der Einzelunternehmen im Jahr einen Umsatz hatten, der unter diesem Betrag liegt. 2 Dieser Wert liegt knapp über jenem von 2012. Getrennt nach Sparten betrachtet, erreicht der Median bei den Ingenieurkonsulent/innen mit 113.000 Euro – nach zuletzt 140.000 Euro – einen höheren Wert als bei den Architekt/ innen, wo er bei 95.000 Euro (2012: 85.000 Euro) liegt. Betriebe nach Sparten 2013 3.016 Architekt/ innen 1.781 Ingenieurkonsulent/innen Deutlich höhere Umsätze erwirtschafteten die ZT-Gesellschaften: Der Mittelwert der erzielten Umsätze erreicht hier im Jahr 2013 1,05 Mio. Euro, blieb also gegenüber 2012 (1,06 Mio. Euro) fast unverändert. Der Median liegt bei den ZT-Gesellschaften bei 630.000 Euro, im Jahr 2012 waren es 602.000 Euro. Der Median der ArchitektInnen- ZT-Gesellschaften liegt aktuell bei 500.000 Euro nach zuletzt 450.000 Euro und setzt damit die auch zu letzt konstatierte Aufwärtsbewegung für diese Rechtsform fort. Bei den ZT-Gesellschaften im Bereich Ingenieurkonsulent/innen hingegen liegt der Median für das Jahr 2013 mit 780.000 Euro niedriger als zuletzt (2012: 850.000 Euro). Hier dürfte sich die deutliche Verlagerung der Einzelziviltechniker-Unternehmen hin zu Gesel l- schaften niederschlagen. Bei der Frage nach der Umsatzentwicklung von 2012 auf 2013 wurden in beiden Sparten von mehr Ziviltechniker/innen höhere Umsätze als geringere gegenüber dem Vorjahr angegeben. ZT-Gesellschaften machten bei den Ingenieurkonsulent/innen in 90 % der Fälle Gewinn (209.800 Euro im Schnitt), bei den Architekt/innen beträgt der Anteil 88 % (durchschnitt - lich 137.900 Euro), wobei die Ergebnisse wegen geringer Fallzahlen mit großer Vorsicht zu interpretieren sind. Beschäftigte und Stundensätze Ende 2014 beschäftigte die gesamte Branche mehr als 28.000 Menschen. Gegenüber 2013 bedeutet das so - wohl bei Ingenieurkonsulent/innen als auch Architekt/ innen deutliche Personalzuwächse. Mehr als ein Viertel dieser Beschäftigten hat eine HTL absolviert. Rund 4.200 von den insgesamt mehr als 7.600 HTL-Absolvent/ innen, die von den Kammermitgliedern beschäftigt wer - den, arbeiten für Ingenieurkonsulent/innen. 66 Prozent der Einzelziviltechniker/innen und 85 Prozent der ZT-Gesellschaften bezahlen ihre Mitarbeiter/innen über dem Kollektivvertrag. Vor allem die großen Büros zahlen fast durchgängig über dem Mindestlohn. Sobald also die Umsätze entsprechend hoch sind, steigen die Löhne und ist es den Betrieben auch möglich, mehr soziale Verantwortung für ihre Mitarbeiter/innen zu übernehmen. Nach eigenen Angaben können die Büros mehr als 72 Prozent der Anwesenheitsstunden verrechnen. Auf Schulungen entfallen jeweils rund 6 Prozent. Andere nicht verrechenbare Stunden belaufen sich in beiden Gruppen auf jeweils mehr als ein Fünftel. Die fakturierten Nettostundensätze (im Jahr 2014) sind bei Ingenieurkonsulent/innen – wie auch in den Vorjahren – in allen Qualifikationsstufen höher als bei Architekt/innen. Im Schnitt beträgt der Nettostundensatz für Ziviltechniker/innen 91 Euro (plus 3 Euro), technische Akademiker/innen werden mit 76 Euro verrechnet (un verändert), andere Akademiker/innen mit 76 Euro (minus 1 Euro) und Techniker/innen ohne akademischen Abschluss mit 63 Euro (plus 2 Euro). Die Stundensätze haben sich damit erneut uneinheitlich entwickelt. 30 | 31 299 Wie geht es der Branche?

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Umsätze 2013 Mittelwert 1.254.000 € 1.250.000 € 1.000.000 € 750.000 € 500.000 € 250.000 € Mittelwert 236.000 € Median 113.000 € EZT: Ingenieurkon sulent/innen Median 780.000 € ZTG: Ingenieurkon sulent/innen Mittelwert 176.000 € EZT: Architekt/innen Median 95.000 € Mittelwert 883.000 € ZTG: Architekt/innen Median 500.000 € Bei den Jahresumsätzen liegt der Median bei den Einzelziviltechnikern bei 113.000 € (Ingenieur konsulent/innen) bzw. 95.000 € (Architekt/innen). Das bedeutet: 50 % der Betriebe erzielen weniger Umsatz als diesen Betrag. Deutlich höher liegt er bei den Ziviltechnikergesellschaften: 780.000 € bei den Ingenieurkonsulent/innen, 500.000 € bei den Architekt/innen. Unterschiedliche Kalkulationsmethoden Nachdem seit Mitte 2014 als Kalkulationshilfe die vom Institut für Baubetrieb und Bauwirtschaft der TU Graz erarbeiteten Leistungs- und Vergütungsmodelle für Plan - erleistungen (LM.VM) elektronisch abrufbar kostenlos zur Verfügung stehen, wurden im Zuge der Umfrage deren Bekanntheit, wahrgenommene Nützlichkeit sowie die tatsächliche Verwendung von Kalkulationshilfen überprüft. Die eingesetzten Kalkulationsmethoden unterscheiden sich zwischen Architekt/innen 3 und Ingenieurkonsulent/innen 4 nach wie vor deutlich: Während beide Gruppen zu ähnlichen Anteilen auf der Basis objektiver Kennwerte (Quadratmeter, Volumen, Schwierigkeitsgrad etc.) rechnen (IK: 15 %, A: 13 %), sind Zeitaufwandabschätzungen bei 41 Prozent der Ingenieurkonsulent/ innen im Einsatz, aber nur bei 25 Prozent der Architekt/innen. Geleistete Stunden sind bei etwa 18 Prozent der Architektenschaft Kalkulationsgrundlage, in der Ingenieurssparte aber in 28 Prozent der Fälle. Am deutlichsten ist der Unterschied bei der Festlegung der Kosten als Prozentsatz der Herstellungskosten: 42 Prozent der Architekt/innen, aber nur 12 Prozent der IK setzen diese Methode ein. Im Vergleich zum Vorjahr haben Architekt/innen häufiger nach geleisteten Stunden und über den Prozentsatz der Herstellungskosten kalkuliert, seltener auf Basis objektiver Kennwerte. Bei den Ingenieurkonsulent/innen sind die ehemaligen Honorarleitlinien bzw. Gebührenordnungen nicht nur die bekanntesten, sondern auch die am häufigsten als nützlich bezeichneten und daher auch bevorzugt verwendeten Kalkulationshilfen. LV.VM nutzen in dieser Gruppe 15 Prozent der Befragten. Bei den Architekt/innen sind die HOA, die HIA und die GOA die bekanntesten Kalkulationshilfen. Genutzt wird aber in erster Linie die ehemalige HOA mit großem Abstand vor HIA und GOA. LV.VM nutzen 12 Prozent der Architekt/innen. Teilnahme an Wettbewerben An Wettbewerben haben im Jahr 2013 35 Prozent der Einzelziviltechniker/innen (2012: 30 %) und 49 Prozent der ZT-Gesellschaften (2012: 46 %) teilgenommen. Damit hat sich die Teilnahme gegenüber dem Vorjahr deutlich erhöht: 13 Prozent der Ingenieurkonsulent/innen (2012: 11 %) und 55 Prozent der Architekt/innen (2012: 49 %) nehmen an Wettbewerben teil. Das bedeutet, dass in Summe gut 1.700 an Wettbewerben teilnehmende Architekt/ innen auf rund 7.000 Wettbewerbsteilnahmen kommen, bei den rund 250 Ingenieurkonsulent/innen sind es fast 1.100 Wettbewerbsteilnahmen. Offene Wettbewerbe (knapp 3.600 Teilnahmen) sind die häufigste und weiter zunehmende Form (3.100 Teilnahmen durch Architekt/innen) vor geladenen Wett bewerben (2.800 Teilnahmen, davon rund 2.500 durch Architekt/innen). Private Auslober/innen spielen im Wettbewerbswesen mit 1.100 Teilnahmen eine wachsende Rolle. Hier überwiegen die Architekt/innen mit mehr als 1.000 Teilnehmer/innen signifikant. Wie geht es der Branche?

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Nach dem Einbruch der Wettbewerbsteil-nahmen im Jahr 2010 und dem seit 2011 stabilen Zeitaufwand der Ziviltechniker/innen für Wettbewerbe mit 1,4 Mio. Arbeitsstunden ist 2013 der Aufwand auf 1,7 Mio.Arbeitsstunden sichtbar gestiegen. Vor allem Archi tekt/innen investierten beträchtlich mehr Stunden in Wettbewerbe. Die Gesamtkosten für Wettbewerbe sind 2013 gegenüber dem Vorjahr von 72 auf nunmehr 87 Mio. Euro mehr als deutlich gestiegen. Auf die Architekt/innen entfallen davon rund 80 Mio. Euro (zuletzt: 62 Mio. Euro), die Ingenieurkonsulent/innen wenden mit 7,5 Mio. Euro weniger als zuletzt, aber gleich viel wie 2011 auf. Während Ingenieurkonsulent/innen im Schnitt an nur vier Wettbewerben teilnehmen müssen, um einen Auftrag zu erzielen, sind es bei den Architekt/innen fast sieben Teilnahmen. Aus etwa 7.000 Wettbewerbsteilnahmen erzielen Architekt/innen knapp 1.100 Aufträge und damit so viele Aufträge wie zuletzt 2009. Sie erhalten dafür knapp 18 Mio. Euro an Aufwandsentschädigungen, seit Jahren etwas mehr als im Jahr zuvor, bei den Ingenieurkonsulent/ innen sind es 1,1 Mio. Euro. Weitaus wichtiger als die Aufwandsentschädigungen sind jedoch die aus Wettbewerben resultierenden Aufträge. Die knapp 1.100 Aufträge an Architekt/innen summieren sich zu einem Auftragsvolumen von 260 Mio. Euro und damit deutlich mehr als 2012 mit 200 Millionen. Bei Ingenieurkonsulent/innen bedeuten 260 Wettbewerbserfolge ein Auftragsvolumen von 63 Mio. Euro nach 97 Mio. Euro im Vorjahr. In Summe beträgt das Bauvolumen der Projekte, deren Planung 2013 im Wettbewerb vergeben wurde, nach rund 4.500 Mio. Euro im Jahr 2012 rund 4.900 Mio. Euro für das Jahr 2013, wobei das Gesamtbauvolumen in Österreich rund 15,9 Mrd. Euro betrug. Etwa 1.130 Mio. Euro ent- fallen dabei auf Projekte, bei denen Ingenieurkonsulent/ innen Wettbewerbsaufträge erhalten haben (zuletzt rund 1.500 Mio. Euro) und mehr als 3.800 Mio. Euro auf Bauten, die an Architekt/innen im Wettbewerb vergeben wurden. Bei den Architekt/innen beträgt der Zuwachs der Gesamtbaukosten damit mehr als 800 Mio. Euro. Lediglich vier von hundert Wettbewerbsprojekten werden im Ausland umgesetzt. Die Bereitschaft, an Wettbewerben teilzunehmen, dürfte bei den Befragten, die über Wettbewerbserfahrungen verfügen, im Sinken begriffen sein. 23 Prozent der Einzelziviltechniker/innen wollen die Häufigkeit der Wettbewerbsteilnahmen erhöhen (zuletzt: 25 %), 31 Prozent aber wollen die Frequenz reduzieren (zuletzt: 20 %). Bei den ZT-Gesellschaften wollen 12 Prozent (zuletzt: 23 %) in Zukunft mehr an Wettbewerben teilnehmen, 32 Prozent wollen ihre Wettbewerbsaktivitäten reduzieren (zuletzt: 20 %). Nächste Umfrage Im Herbst 2015 sind die Kammermitglieder erneut aufgerufen, sich an der Umfrage zu beteiligen. Der Aufwand dafür ist mit 15 Minuten für das Ausfüllen des Fragenbogens gering im Vergleich zum Nutzen. Die nach Einzelziviltechniker/innen mit aktiver Befugnis und Ziviltechniker- Gesellschaften getrennt abgefragten Ergebnisse liefern nicht nur wertvolle Erkenntnisse zur wirtschaftlichen Situation der heimischen Ziviltechniker/innen insgesamt, die der Kammer für ihre Arbeit als Berufsvertretung fundiertes Datenmaterial bereitstellt, um die Interessen ihrer Mitglieder effizient zu transportieren. Sie erlaubt dem einzelnen Ziviltechnikerbüro auch eine Standortbestimmung des eigenen Unternehmens. N Honorar: Kalkulationsmethoden Architekt/innen 13,2 % Objektive Kennwerte wie m2, 4,1 % Keine Honorarfestlegung Volumen, Schwierigkeitsgrad Keine Honorarfestlegung 2013 7 8 9 ⁄ 4 5 6 × 1 2 3 + 0 . = − 7 8 9 ⁄ 4 5 6 × 1 2 3 + 0 . = − 2013 Honorar: Kalkulationsmethoden Ingenieurkonsulent/innen 12,4 % Herstellungskosten 18,3 % Geleistete Stunden 41,6 % Herstellungskosten 14,5 % Objektive Kennwerte wie m2, Volumen, Schwierigkeitsgrad 40,9 % Schätzung Zeitaufwand 25 % Schätzung Zeitaufwand 28,1 % Geleistete Stunden 32 | 33 299 Wie geht es der Branche?

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Der Staatspreis Ingenieurconsulting wird vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft gemeinsam mit der ACA (Austrian Consultants Associa ­ tion), der gemeinsamen Plattform der Bundessektion Ingeni eurkonsulenten der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten und des Fachverbands Ingenieurbüros der Wirtschaftskammer Österreich, veranstaltet. Die Verleihung findet am Freitag, 20. November 2015 in der Erste Bank, Petersplatz 7, 1010 Wien, statt. Die Preisträger werden in der Dezemberausgabe des KONstruktiv sowie unter www.aca.co.at präsentiert. N Der Staatspreis Consulting 2015 – Ingenieurcon sulting wird von den Partnern ERSTE BANK, ARGE GROUND UNIT, KOMMUNALKREDIT PUBLIC CONSULTING, AON, UNIQA, OESTERREICHISCHE KONTROLLBANK unterstützt. Energiewende startet mit neuen Förderungsrichtlinien durch | Seit Februar 2015 gelten die neuen Förderungsrichtlinien für die Umweltförderung Eine Information der Kommunalkredit Pu blic Consulting Die Umweltförderung (UFI) zählt zu den zentralen Förderungsinstrumenten zur Unterstützung von österreichischen Betrieben und Gemeinden bei der Umsetzung von Umweltprojekten. Rechtliche Grundlage für die Förderungstätigkeit sind das Umweltförderungsgesetz und die dazu vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft erlassenen Förderungsrichtlinien. Ausgelöst durch eine Vielzahl von Novellen auf der Ebene des europäischen Beihilfenrechts im Jahr 2014 (Stichwort: Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung, „De-Minimis“-Verordnung, Agrarische Rahmenregelung) war es nunmehr auch erforderlich, die nationalen Rechtsgrundlagen an die neuen europäischen Spielregeln anzupassen. Dementsprechend sind am 20.02.2015 die neuen Förderungsrichtlinien 2015 für die Umweltförderung im Inland in Kraft getreten. Erweiterte Zielsetzungen In ihren Zielsetzungen sind die modernisierten Förderungsrichtlinien weiterhin auf die Erreichung konkreter und zählbarer Effekte hinsichtlich nationaler und internationaler Verpflichtungen ausgerichtet. Neben dem Klimaschutz, der Luftreinhaltung und der Vermeidung von Lärm oder gefährlichen Abfällen wurde zusätzlich auch die Steigerung der Effizienz beim Einsatz von Energie in die Zielsetzungen aufgenommen. Das Spektrum der förderungsfähigen Maßnahmen ist weiterhin sehr breit gefächert und weicht nicht von den bisherigen Bestimmungen ab. Formale und Inhaltliche Anpassungen In Bezug auf die Förderungshöhen ist das Angebot ebenfalls weitgehend unverändert. Lediglich bei Energieeffizienzmaßnahmen auf Grundlage der AGVO kommt es zu geringfügigen Einschränkungen beim Förderungssatz. Verankert wurden auch die neuen formalen, beihilfenrechtlichen Bestimmungen zum Nachweis des Anreizeffektes bei Antragstellung. Hier ist besonders auf die, gegenüber der Vergangenheit veränderten Erfordernisse zur Antragseinbringung vor Bestellung von Lieferungen und Leistungen für das Projekt oder die nunmehr erforderliche Angabe der Höhe der beantragten Beihilfe durch den Förderungswerber hinzuweisen. Darüber hinaus konnten wichtige rechtliche Klarstellungen zum Umgang mit elektronischen Belegen oder Verrechnungssystemen zum konzerninternen Liquiditätsmanagement (Cash Pooling) getroffen werden. Inhaltliche Anpassungen gab es z. B. bei der Förderungsaktion „Klimaschutz in Gemeinden“. Im Rahmen der nunmehr unbefristeten Förderungsaktion werden Umweltprojekte von Gemeinden zur Thermischen Sanierung von öffentlichen Gebäuden, der Errichtung von Biomasse-Einzelanlagen, Solaranlagen und Wärmepumpen gefördert. Ebenfalls unterstützt werden Energiesparmaßnahmen zur Heizungsoptimierung oder zur Installation von energieeffizienten LED-Beleuchtungssystemen in kommunalen Gebäuden. Neu ins Leben gerufen wurde eine Förderungsaktion für die Nachrüstung von Staubfiltern bei Biomasse- Kesselanlagen ab einer Leistung von 1.000 kW. Gut gerüstet für die Zukunft Neu geregelt wurde auch die Möglichkeit zur Inanspruchnahme von Konsortialförderungen auf Bundesebene. Auf Grundlage der Förderungsrichtlinien 2015 ist es zukünftig möglich, zusätzlich zum UFI-Investitionszuschuss z. B. Garantien des Austria Wirtschaftsservice für die fremdfinanzierten Anteile einer Investition in Anspruch zu nehmen. Eine Maßnahme, die insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen kreditwirtschaftlichen Herausforderungen bei fremdfinanzierten Investitionen zu erheblichen Erleichterungen führen soll. Die neuen Förderungsrichtlinien gewährleisten eine moderne, zeitgemäße Abwicklung der Förderungen und liefern somit die ideale Grundlage für bereits bestehende und neue Förderungsaktionen. Kommunalkredit Public Consulting GmbH Türkenstraße 9, 1092 Wien Tel: +43 (0) 1/31 6 31-0, Fax: DW 104 E-Mail: kpc@kommunalkredit.at www.publicconsulting.at Staatspreis Consulting 2015 – Ingenieurconsulting

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Kampf innerhalb der Gesichtsweite Eine Phase des Niedergangs erkennen nicht wenige Beobachter heute am Wettbewerbswesen. Es sind nicht einzelne spektakulär versagende Verfahren, sondern vielerorts auftauchende irritierende Verfahrenselemente, geschichtsvergessene Regeldeutungen und fortschrittsforsche Praktiken, die auf ein systemisches Problem hindeuten. Den Motor des Niedergangs bilden die EU-Dienstleistungsrichtlinien mit dem Markt-Phantasma, das dem Architekturwettbewerb nur scheinbar in die Hände spielt. Wegmarkierungen am Niedergang sind die Wettbewerbsregularien der Architekten. Sie bezeichnen prinzipielle Abzweigungen im Wegenetz, die bedachtsam benannt wurden. Nun ist fraglich, ob es noch ein Einverständnis zwischen öffentlichen Auslobern und Architekten über den Sinn und Zweck des Architekturwettbewerbs gibt. Oder Freiheitsempfehlung Eigentum verpflichtet. Nicht nur im Wunschbild von Sozialutopisten, sondern auch inmitten eines Kapitalismus, dessen hochfinanzielles Nach-mehr-Hecheln sich immer weniger von einem Todesröcheln unterscheiden lässt. Nur über seine rechtliche Basis können wir mit Gewissheit feststellen: Das Eigentum ist ein Hund! Weil unser Eigentumsbegriff dem Agrarstaat der alten Römer entstammt und diesem die Treue hält, gehört Eigentum ins Sachenrecht, was vor allem der Hund zu spüren bekommt, der ja als Sache gilt, wenn auch nur unter Juristen. Zeitgemäß wäre es, das Sachenrecht als Sonderfall ins Obligationenrecht zu integrieren – deshalb, weil unsere modernen Reichtümer primär aus Verschuldungen generiert werden. Das Schuldverhältnis nannten die Römer „Vinculum Iuris“, ein rechtliches Band. Eigentümer von Hunden erfahren täglich, wie sehr ihr Recht an der ob bereits eine baukulturelle Kampfzone entstanden ist, die zu betreten besonderer Vorkehrungen bedarf? Dem preußischen Militärschriftsteller Heinrich Dietrich von Bülow wird die erste begriffliche Unterscheidung zwischen Taktik und Strategie zugeschrieben. Von Bülow legte 1805 das Buch für Kriegshandwerker „Lehrsätze des neuern Krieges“ vor und erklärte: „Strategie ist die Wissenschaft kriegerischer Bewegungen außerhalb der Gesichtsweite oder dem Kanonenschusse (eines Feindes). Taktik sind alle Bewegungen innerhalb dieser Grenzen.“ Die Begriffe trennen sich anschaulich im Raum. Carl Philipp von Clausewitz, von dem ab 1832 der Klassiker „Vom Kriege“ erschien, übte Kritik an Bülows Unterscheidung. Es kann nicht um eine Wahrnehmungs- oder Raumrelation gehen, sondern um eine höhere von Mittel und Zweck. Clausewitz’ Denken hat sich für die Militärführung durchgesetzt. Aber für die Konfliktbeherrschung auf dem baukulturellen Feld ist die Vorstellung, einen Kampf Sache in Wahrheit eine Verbindlichkeit ist, nicht nur aus emotionaler Verbundenheit, sondern auch, was die Sachherrschaft betrifft: Hundeleinen haben asymmetrische Enden. Der Karabiner suggeriert Unterworfenheit, der Handgriff Herrschaft. Damit werden die wahren Herrschaftsverhältnisse verdeckt. Schließlich ist es der Hund, der sein Herrchen um vier Uhr früh bei Regen um den Block zieht. Integrierte Lampen gemahnen ans verlorene Recht auf Nachtschlaf. Integrierte Gackerlsackerl zeigen, wie sehr die Rechtsordnung auch nach dem Eigensten greift, ist doch der Kot nach Freud des Eigentums Sinnbild. Hunde werden gelobt, wenn sie „brav ihr Geschäft verrichtet“ haben, weil dieses Lob dem Menschen in frühester Kindheit zuteilwurde und daher vermisst wird, bis dieses Ritual an den Hund delegiert wiederbelebt werden kann. Empfehlenswert ist die Ausziehleine. Sie gewährt Spielund Freiräume und trainiert das Herrchen, mit seinem Eigentum weniger nah verbunden zu sein. Weil wir zukünftig immer mehr Einschränkungen des Eigentumsrechts entgegensehen, sollten wir unser Verhältnis dazu lockern. Im Handel liegt ein breites Sortiment bereit. Wolfgang Pauser N Leihempfehlung Leila . Leihladen Wien Herbststraße 15 1160 Wien Öffnungszeiten: Dienstag 10:00 bis 19:00 Uhr www.leihladen.at innerhalb der Gesichtsweite mit dem Auslober, also auf der Ebene der Auslobung konkreter Projekte, taktisch von der gesellschaftlichen Strategie zu unterscheiden, sehr erfolgversprechend. Im Wettbewerbswesen bedeutet in Gesichtsweite taktisch zu handeln, vorrangig die eigenen „Truppen“ (Wettbewerbsausschüsse, Kammer- und Fachpreisrichter, Verfahrensorganisatoren, Vorprüfer, Teilnahmeinteressierte) für die Konfrontation mit den Auslobern bestens auszubilden. Alle müssen eigene und „feindliche“ Lage, taktische Absicht, Auftrag und Mittel kennen. Für die sichere Durchführung bedarf es persönlicher Begegnung der Kommandeure. Außerhalb der Gesichtsweite werden die Architekturschaffenden selbstverständlich offensiv die Strategie verfolgen müssen, den von ihnen per Architekturwettbewerb geleisteten Dienst am Gemeinwohl zu erklären. Denn Clausewitz wusste: Der Zweck des Krieges und der Strategie ist der Frieden. Walter M. Chramosta N Eismaschine, Glitzerhut oder Laserwasserwaage – besondere Gegenstände für gelegentliche und spezielle Anlässe oder nicht alltägliche Situationen kann man im österreichweit ersten Leih laden in Wien borgen, nutzen und abgeben. Die „Leila“-Bewegung repräsentiert die andere Seite, den Kontrast zu Besitz und Eigentum, hinterfragt die heutigen Gesetze des Zusammenwirkens von Gesellschaft, Politik und Wirtschaft, die sich dem Credo des grenzenlosen Wachstums verschrieben hat und übt Kritik am Statuskonsum. Eine Seite des Nutzens anstelle des Besitzens, die einen sorgsamen Umgang mit materiellen Gütern und Ressourcen pflegt. Leila Wien, gegründet nach Berliner Vorbild, gibt es seit Mai 2014 und ist eine physische Leihplattform für Gegenstände aller Art. Über einen Verein organisiert haben die Mitglieder gegen eine geringe Jahresgebühr die Möglichkeit, Dinge wie in einer Bibliothek auszuleihen. Jedes Mitglied sollte mindestens ein Stück einbringen – mit der Mitgliederzahl wächst also auch der Pool an leihbaren Dingen. Über die Homepage kann die Verfügbarkeit der gewünschten Gegenstände überprüft und diese gleich reserviert werden. Zur Verfügung gestellt wird das Erdgeschoßlokal von der Gebietsbetreuung, die von den Betreibern im Gegenzug einen Beitrag zu den Energie- und Betriebskosten bekommt. Ein größerer Gemeinschaftsraum wird beiderseitig für Veranstaltungen genutzt und damit eine Begegnungszone für die Bewohner der Umgebung geschaffen. Nachahmer sind dabei ausdrücklich erwünscht! Marlies Marbler N 40 | 41 Aus dem Wettbewerb, Empfehlungen

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VwGH zur „eingekapselten Beschaffung“ VwGH 22.04.2015, Ro 2014/04/0059 EuGH 25.03.2010, C-451/08 Im Jahr 2013 erfolgte eine „Öffentliche Ausschreibung (…) für den Kauf der W-Bühne“. In den Ausschreibungsunterlagen wurde festgehalten, dass sich Kaufinteressenten verpflichten, „die W-Bühne sommersaisonal während des Zeitraums 1. Juni bis 15. September eines jeden Jahres zu bespielen“. Der VwGH hielt diesbezüglich fest, dass der bloße Verkauf von Sachen durch einen öffentlichen Auftraggeber nicht vom Anwendungsbereich des BVergG 2006 erfasst ist, weshalb der Verkauf der W-Bühne für sich genommen keinen öffentlichen Auftrag darstellt. Allerdings kann ein Veräußerungsvorgang dann dem Vergaberegime unterliegen, wenn er untrennbar mit einem in den Anwendungsbereich des BVergG 2006 fallenden Beschaffungsvorhaben verbunden ist. Fraglich ist, ob in der Verpflichtung, „die W-Bühne sommersaisonal während des Zeitraums 1. Juni bis 15. September eines jeden Jahres zu bespielen“, ein solcher „eingekapselter Beschaffungsvorgang“ zu erblicken ist. Es ist zunächst zu prüfen, ob diese Verpflichtung als entgeltlicher Auftrag bzw. als Gegenleistung zu qualifizieren ist. Der EuGH (06.05.2010, C-451/08, Helmut Müller GmbH) hielt fest, dass der erforderliche entgeltliche Charakter des Vertrags impliziere, dass der öffentliche Auftraggeber eine Leistung gegen eine Gegenleistung des Auftragnehmers erhalte, wobei diese ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse für den öffentlichen Auftraggeber bedeuten müsse. Ein derartiges wirtschaftliches Interesse könne in wirtschaftlichen Vorteilen bestehen, die der öffentliche Auftraggeber aus der zukünftigen Nutzung der erbrachten Leistung ziehen könne, in seiner finanziellen Beteiligung daran oder in den Risiken, die er im Fall eines wirtschaftlichen Fehlschlags trage. Diese Grundsätze seien laut VwGH auf den gegenständlichen Fall übertragbar, wobei der VwGH zu folgendem Ergebnis gelangte: Die KM Betriebsgesellschaft m.b.H. habe kein unmittelbares wirtschaftliches Interesse an der Bespielung der W-Bühne, weil sie als Verkäuferin keine Risiken im Zusammenhang mit der Nutzung der Bühne übernehme und auch keine Einnahmen daraus erziele. Nähere Vorgaben, in welchem Umfang – nämlich an wie vielen Tagen in diesem Zeitraum bzw. für wie viele Jahre – die Bespielung zu erfolgen hat, bestehen nicht. Die Verkäuferin hat sich keinen Einfluss auf die konkrete Ausgestaltung der Bespielung vorbehalten. Mangels Einflussmöglichkeit und mangels unmittelbarem wirtschaftlichem Interesse liege keine eingekapselte Beschaffung vor und sei das BVergG 2006 nicht anwendbar. Für die Praxis ist festzuhalten, dass anhand der konkreten vertraglichen Vereinbarungen immer im Einzelfall zu beurteilen ist, ob ein Vorgang als eingekapselte Beschaffung zu qualifizieren ist und daher das BVergG 2006 anzuwenden ist oder nicht. Christian Graf/Hannes Pesendorfer (Schramm Öhler Rechtsanwälte www.schramm-oehler.at) N Frei Otto – forschen, bauen, inspirieren Irene Meissner, Eberhard Möller (Hg.) Edition DETAIL, 2015 „Ich habe wenig gebaut. Ich habe aber viele ,Luftschlösser‘ ersonnen.“ Mit diesen bescheidenen Worten fasste Frei Otto einmal sein Lebenswerk zusammen. In einem neuen Buch wird der im März dieses Jahres im Alter von 89 Jahren verstorbene Architekt und Visionär als einer der wichtigsten und einflussreichsten Ideengeber der Architektur im 20. Jahrhundert gefeiert. Der Baukünstler mit dem ungewöhnlichen Vornamen – eine Erfindung seiner Mutter – ist der große Pionier der Leichtbauweise. Seine ursprünglich vom Flugzeugbau und der Biologie inspirierten Entwürfe mit Seilnetzen, Membranen, Gitterschalen und anderen zugbeanspruchten Konstruktionen setzten völlig neue Impulse. Das leichte, schwebende Dach des deutschen Pavillons auf der Weltausstellung 1967 in Montreal brachte ihm den internationalen Durchbruch, mit dem Zeltdach über dem Olympiapark und dem Olympiastadion in München (1972) schrieb er sich für immer in die Architekturgeschichte ein. „Naturnah bauen und aus wenig viel machen, vor dem ersten Strich einer Zeichnung kritisch beobachten und nachdenken. Lieber gar nicht bauen als zu viel bauen.“ Ottos Philosophie ist nun – ebenso wie die von ihm realisierten Bauwerke – sehr anschaulich auf Deutsch und Englisch nachzuvollziehen. Michael Krassnitzer N nextland – Zeitgenössische Landschaftsarchitektur in Österreich Lilli Lička, Karl Grimm (Hg.) Birkhäuser Verlag, 2015 „Naturschnitzel“: So bezeichnete die in München lehrende Maria Auböck jene Reststücke, die Architekten den Landschaftsarchitekten zur Verschönerung übrig lassen. Doch die Zeiten haben sich gewandelt. Die Landschaftsar chitektur hat sich von ihrem Mauerblümchendasein emanzipiert. Nicht zuletzt das wohl am meisten diskutierte Bauprojekt der letzten Jahre, die Neugestaltung der Wiener Mariahilfer Straße, ist dieser Domäne zuzuordnen. Das Projekt ist mittlerweile Teil der Sammlung „nextland“, die herausragende Beispiele für Entwerfen, Planung und Umgestaltung von nicht bebautem Raum in Österreich online präsentiert. Diese von der Österreichischen Gesellschaft für Landschaftsarchitektur und Landschaftsplanung sowie vom Institut für Landschaftsarchitektur an der Universität für Bodenkultur betriebene Sammlung wurde nun auch in Buchform gebracht: Die Publikation „nextland“ versammelt 187 Projekte aus den letzten 18 Jahren, die den Ansprüchen des dreiköpfigen Kuratoriums genügen. Der reich illustrierte Band zeigt, wie vielfältig die Aufgaben, wie komplex die Rahmenbedingungen und wie aufregend gelungene Gestaltungen von Gärten, Plätzen, Straßen, Parks, Siedlungen oder Institutionen sein können. In weiterer Folge stellen renommierte europäische Landschaftsarchitektinnen, Kunsthistoriker und Fachjournalisten den historischen und internationalen Kontext her und kommentieren den Status der Landschaftsarchitektur in Österreich. Michael Krassnitzer Jüngste Entscheidung, Krassnitzers Lektüren

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Arbeit, die überzeugt | Bauingenieur Konrad Merz im Porträt Eva Guttmann arbeitet als freie Architekturpublizistin. Von 2004 bis 2009 war sie Chefredakteurin der Zeitschrift „Zuschnitt“, von 2010 bis 2013 Geschäftsführerin des HDA Graz. 42 | 43 Merz Kley Partner ist vor allem in Westösterreich, Süd - deutschland und der Ostschweiz das Bauingenieur büro, dem man dann begegnet, wenn man sich für Bauwerke von höchster konstruktiver und architektonischer Qualität interessiert. Aber auch jenseits dieses Radius wurden und werden Projekte realisiert, deren Stärke in der zugleich pragmatischen und innovativen Statik liegt. Konrad Merz selbst, der das Büro zusammen mit Gordian Kley führt, ist kein Mann großer Worte, gibt aber lebhaft Auskunft, wenn er nach seinem beruflichen Werdegang und seiner Arbeit befragt wird. Begonnen hat seine Laufbahn mit einer Lehre als Bauzeichner in der Nähe von Basel, wo er auch aufgewachsen ist, und einem anschließenden Fachhochschulstudium als Bauingenieur. Diese Ausbildung ist naheliegend, besitzt doch seine Familie seit vielen Generationen eine Zimmerei und ist er, wie er sagt, „mit Sägemehl in den Adern“ groß geworden. Nach Abschluss des Studiums arbeitete Konrad Merz bei einer Schweizer Holzleimbaufirma, um danach Assistent und Mitarbeiter beim Holzbaupionier Julius Natterer an der ETH in Lausanne, Lehrstuhl für Holzkonstruktion, und in dessen Büro zu werden. Ein für österreichische Verhältnisse ungewöhnlicher, in der Schweiz aber gängiger Schritt folgte mit dem Entschluss, nach Kanada zu gehen, um neben der deutschen und französischen Sprache auch die englische zu erlernen. Merz arbeitete dort in der Forschungsabteilung eines multinationalen Holz- und Papierkonzerns und war auch für die Vermarktung von Produkten in Europa zuständig. Dadurch lernte er führende deutsche und österreichische Holzbauspezialisten kennen – ein Faktum, das seinen späteren Lebensweg entscheidend prägen sollte. Als es nämlich darum ging, nach Europa zurückzukehren, schlug ihm Anton Kaufmann, damals Besitzer von einem der führenden Holzbaubetriebe in Österreich, vor, sich in Vorarlberg niederzulassen, wo es wenige gute Tragwerksingenieure gab und sie gemeinsam ein Büro eröffneten. Merz, der sich selbst als leidenschaftlicher Planer und Praktiker sieht, nutzte diese Zeit um mithilfe von Anton Kaufmann Kontakte zur hiesigen Architekturszene zu knüpfen und sich als Statiker, insbesondere im Bereich des Holzbaus, der damals zum bis heute anhaltenden Höhenflug ansetzte, zu etablieren. Im Laufe der Jahre trat Gordian Kley als Partner an die Stelle von Anton Kaufmann. Heute bearbeitet das Büro Merz Kley Partner vor allem Projekte in Vorarlberg, der Ostschweiz, Baden- Württemberg und Bayern, was sich aus der Lage des Firmensitzes im Dreiländereck ergibt. Die Zahl der Aufträge ist in den vergangenen fünfzehn Jahren stark gestiegen, die der Mitarbeiter nach wie vor relativ gering. Im Kern bewältigen circa zwölf Personen den bemerkenswerten Arbeitsumfang, dazu kommen Diplomanden, Dissertanten oder Praktikanten, die bei Merz Kley Partner an ihren jeweiligen Themen arbeiten und zugleich eine praktische Ausbildung erfahren. So gab es etwa Mitarbeiter, die über Holz-Beton- Verbund oder Standardisierung von Arbeitsabläufen forschten – Inhalte, die das Büro initiiert hat und die in der konkreten Arbeit ihren Niederschlag finden. Auch gemeinsam mit anderen Planern bzw. Firmen werden regelmäßig neue Tools und Bauelemente entwickelt, wobei der Anlass spezifische Anforderungen aus der Praxis sind bzw. der Wunsch nach Vereinfachung bzw. Rationalisierung der täglichen Arbeitsroutine. Auch wenn das Büro in allen Größenordnungen – von der Bushaltestelle bis zum Hochregallager – und allen Baumaterialien „zu Hause“ ist, so liegt der deutliche Schwerpunkt doch beim Holz. Gerade in der Zusammenarbeit mit den profiliertesten Holzbauarchitekten Österreichs, der Schweiz und Deutschlands werden technisch und konstruktiv anspruchsvolle Projekte entwickelt und umgesetzt. Das sind auch jene Projekte, bei denen es „den lustvollen Aspekt gibt, sich etwas auszudenken, gemeinsam mit einem Architekten oder Unternehmer die Lösung für ein schwieriges Problem zu finden.“ „Aber,“ so Konrad Merz weiter, „es gibt Grenzen der Physik und der Mechanik. Gewisse Naturgesetze kann man nicht ausschalten, und es gibt auch immer wieder Situationen, wo wir denken, dass ein Ansatz nicht sinnvoll ist, und das sagen wir dann auch und schlagen z. B. eine andere Bauweise oder ein anderes Material vor.“ Trotz der Freude daran, die Grenzen auszuloten, immer einen Schritt weiterzugehen und ungeachtet immer restriktiverer Regelwerke neue Lösungen zu finden, scheut Merz auch nicht die Wiederholung, wenn sich ein System bewährt hat. Seine zentralen Anliegen sind maßgeschneiderte, der Bauaufgabe entsprechende Lösungen, die Unterstützung von Architekten bei der Umsetzung von Ideen und nicht die spektakuläre, krampfhaft innovative Konstruktion. So betrachtet waren und sind die größten beruflichen Ziele von Konrad Merz, etwas aufzubauen, das Bestand und Qualität hat, und durch seine Arbeit zu überzeugen, was ihm angesichts der stetigen und positiven Entwicklung des Büros sowie der großen Zahl an erstklassigen Bauwerken, an Auszeichnungen und Preisen und an der Treue seiner Partner und Auftraggeber ganz offensichtlich gelungen ist. N Porträt Konrad Merz

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Fehlanzeige Unter dem Pflaster das Gänseblümchen Der Schlachtruf „Sous les pavés, la plage“ („Unter dem Pflaster der Strand“), der während der Studentenunruhen im Mai 1968 in Paris Furore machte, verband hedonistische Anklänge mit politischer Revolte und unterschwelliger Militanz. Heute hingegen erscheint so mancher urbaner Interventionismus zivilgesellschaftlicher Gruppierungen vergleichsweise zahnlos. So sympathisch und ästhetisch beglückend etwa die Blüten und Früchte des „urban gardening“ und des „urban farming“ auch sein mögen, so sehr drückt sich in der vegetativen Rückeroberung öffentlicher Stadträume auch ein zuweilen selbstverliebter Lifestyle aus. Wichtige politische Fragen bleiben dabei oft offen. Das zugrunde liegende Unbehagen mit einer zunehmenden Einschränkung der freien Nutzbarkeit öffentlicher Räume hat freilich Gewicht. Zweifelsohne geht es um die berechtigte Aufwertung urbaner Lebensqualität, aber zu selten wird die Frage gestellt: Für wen und für wie viele? Der Glaube an Veränderungen im großen Maßstab scheint verloren gegangen. Dabei wäre die Gesamtbetrachtung des „urbanen Metabolismus“, des Stoffwechsels der Stadt in Hinblick auf lokale, regionale und globale Abhängigkeiten ein genuin politisches Thema. Was würde etwa Ernährungssouveränität im gesamtstädtischen Maßstab bedeuten? Gleichzeitig läuft so mancher einschneidender Transformationsprozess vor dem Auge der Öffentlichkeit beinahe unbemerkt ab. In Wien wird beispielsweise ein großer Teil der Kleingärten – „urban gardens“ der ersten Stunde –, die einst der arbeitenden Bevölkerung zur Verfügung gestellt wurden, um diesen in schwierigen Zeiten durch Selbstversorgung das Überleben zu sichern, durch Umwidmungen in „ganzjähriges Wohnen“ ihrer ursprünglichen Funktion beraubt. Zu fordern wäre eine dringende Repolitisierung des urbanen Hipstertums. Wer in den Kochklub geht, sollte auch an die Suppenküche denken! Andre Krammer N Das nächste Heft Im Dezember erscheint die 300. Ausgabe von KONstruktiv. Wir wollen die Jubiläumsausgabe nicht zum Feiern verwenden, sondern sie ganz in das Zeichen des Ziviltechnikernachwuchses stellen. Was sind die Sorgen, Ängste und Hoffnungen angehender und junger Ziviltechnikerinnen und Ziviltechniker? Welche Schwierigkeiten haben sie, im Beruf erfolgreich Fuß zu fassen, und warum? Wie sieht es mit der Bildungslandschaft aus und welche Initiativen gibt es, um technische Talente frühzeitig zu erkennen und zu fördern? Was sind die Ursachen für den geringen Frauenanteil unter den Ziviltechnikern? Wie lassen sich Familienleben und Beruf besser in Einklang bringen?

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Von oben betrachtet sieht die Wiener Innenstadt ihrem Katasterplan ähnlich, dessen Linien die Objekte privaten Eigentums rechtlich gegen die Ansprüche aller Nichteigentümer abgrenzen. Von der Seite betrachtet zeigen die Häuser mehr ihren öffentlichen und kollektiven Aspekt. Fassaden alter Prachtbauten dienten einst der Repräsentation des Eigentums ihres Eigentümers. Heute präsentieren sie sich dem Blick des erlebnishungrigen Touristen. Dieser will von aufwendig restaurierten Häuserwänden jenes Wien geboten bekommen, dessen Werbebild ihn dazu verführt hat, mit einem Teil seines Geldeigentums hierher zu reisen, um sich dieses Rechts zu begeben. Steht er vor einem Ringstraßenpalais, fertigt er eigenhändig ein schlechteres Foto davon an und ist glücklich. Doch wer soll dieses ornamentale Spektakel bezahlen? Für ein Geschäftsmodell fehlt der Außenvorhang mit Münzeinwurf. Umwegrentabilität ist ein schönes Wort dafür, dass nicht der Eigentümer, sondern andere was davon haben und am Ende über deren Besteuerung auch die Kommune. Doch deren Aufgaben sind vielzählig und die Mittel stets knapp. Auch will die Politik die Rentabilität von Wohnimmobilien einschränken zugunsten eigentumsloser Mieter. So kommt es, dass die Kommune nicht zahlen kann und die Eigentümer nicht zahlen wollen. Mit einer Ausnahme: Der kürzlich verstorbene Billa-Gründer Karl Wlaschek hat sein Immobilienvermögen in eine gemeinnützige Stiftung eingebracht. Deren Zweck ist der Erhalt des historischen Erbes Wiens. Zehn Prozent aller Häuser der Wiener Innenstadt, darunter acht liebevoll restaurierte Palais, gehören der Stiftung, deren Gewinne zweckgebunden reinvestiert werden müssen. Der Verkehrswert wird auf insgesamt 5 bis 6 Milliarden Euro geschätzt. Wlaschek führte ein bescheidenes Leben. Mit seinem Vermögen kaufte er Häuser in der Haltung eines Kunstsammlers. Die Glanzpunkte des ersten Bezirks bündelte er zu seinem Privatmuseum, mit dem er sein Eigentum in Gemeingut verwandelt hat. Gut möglich, dass es eines großen Eigentums bedarf, damit der Luxus vergangener Epochen in einem sozialen Staat erhalten werden kann. Danke, Karl Wlaschek! Wolfgang Pauser N